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Beiträge: 69

Beruf: Politiker, Diplomat

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21

Donnerstag, 12. Oktober 2006, 22:27

Zitat

Original von Merkin D. Muffley
Es kam auch in den USA durchaus schon vor, dass Wahlverlierer nochmal angetreten sind und es dann gepackt haben - Richard Nixon ist ein bekanntes Beispiel (hatte 1960 gegen Kennedy verloren und dann 1968 gegen einen heute weithin vergessenen Demokraten namens Humphrey gewonnen).

Na, ob Nixon jetzt das beste Beispiel war? Ich glaube kaum, dass Kerry auf ihn verweisen wird, wenn er sich erneut um eine Präsidentschaftsnominierung bewirbt. ;) In der Tat gab es natürlich Wahlverlierer, die später Gewinner wurden, aber meines Erachtens ist an Kerry das Verlierer-Image fast so sehr hängen geblieben wie an Al Gore anno 2000.

Zitat

Traurig, dass eine "reiche, mehrsprachige Frau" negativ zu Buche schlagen soll. [...]

Ich habe nicht meine persönliche Kritik an ihr genannt, sondern die, die ihr bereits 2004 entgegenschlug. Vielleicht erinnerst Du Dich daran, wie sie ihre Parteitagsrede begonnen hat; das waren zwei, drei oder auch vier Sprachen. Meinungsumfragen haben ergeben, dass das bei den Unentschlossenen sauer aufstieß. Teresa Heinz Kerry hatte danach keinen eigenständigen großen Auftritt mehr; Kerrys Berater hatten sie aus dem Weg gezogen.

Zitat

Dass er Katholik ist, ist im WASP-Amerika vielleicht nicht ganz ideal, aber selbst den meisten konservativen Wählern dann doch zweitrangig, solange er nur Christ ist. Auch Kennedy war Katholik (und ebenso recht wohlhabend).

Siehe unten.

Zitat

Original von Harriet P. Armstrong
Für meine Begriffe bewertest du den Konfessionsfaktor deutlich zu hoch (bzw. alle nicht-protestantischen Denominationen zu stark als Negativ-Faktoren). In den 60ern mag der Katholizismus noch mit einem gewissen Malus verbunden gewesen sein, heute ist er das nicht mehr. Die religiöse Zusammensetzung der US-Bevölkerung ist seitdem vielfältiger geworden, die etablierten protestantischen Kirchen haben an Einfluss verloren, die Katholiken und charismatische (und radikale) protestantische Splittergruppen haben an Bedeutung gewonnen. Entscheidend ist heute vielmehr, ob ein Kandidat generell gläubig ist und den christlichen (oder wenigstens alttestamentarischen) Gott verehrt - in Form welcher Denomination er das tut, ist eher nachrangig. Selbst Juden würde ich in Bezug auf Wahlchancen nicht mehr generell mit einem Makel behaftet sehen - ernste Probleme hätten nur Moslems und Atheisten.

Ich denke, dass das Judentum erstaunlicherweise gerade bei einigen liberalen Wählern ein Malus sein könnte, denn immerhin sind es die Neocons und die Evangelikalen, die den Likud bzw. die jüdische Siedlungsbewegung unterstützen. In "The Hammer. Tom DeLay. God, Money, and the Rise of the Republican Congress" (2004) zeigen Lou Doubose und Jan Reid sehr schön, wie demonstrativ die Republikaner darauf setzen, die jüdischen Wählerschichten von den Demokraten wegzubekommen.

Es ist wohl unstrittig, dass insbesondere die Wähler des Mittleren Westens und die der Swing States die Wahlen entscheiden werden (zusammen mit der demokratischen Bastion Kalifornien). Hier sehe ich durchaus, vor allem durch die Evangelikalisierung, Vorbehalte gegen einen katholischen Kandidaten (ich will das nicht in eine theologische Diskussion ausufern lassen, aber die wörtliche Auslegung der Bibel durch die Evangelikalen können auch Erzkatholiken kaum mehr toppen); Protestanten scheinen dort eher bevorzugt zu werden. Es könnte allerdings den Demokraten zum Vorteil gereichen, dass der nächste Zensus erst 2010 ist (wenn ich recht informiert bin) und deswegen die Staaten des Mittelren Westens nicht alle Wahlmännerstimmen, die ihnen zustünden, bekommen (seit 2000 hat sich demographisch ja Einiges getan).
    Ich weiß auch, dass die Katholiken in den USA durch die wachsende Zahl von Latinos in den Südstaaten einen prozentualen Aufschwung verbuchen können. Abgesehen davon, dass der 2000er-Zensus auch diese Entwicklung nicht ausreichend berücksichtigen konnte, muss jedoch auch festgehalten werden, dass der Katholizismus der Latinos dem evangelikalen Glauben in seiner Strenge und moralischen Wertung näher kommt als dem liberalen Katholizismus der Ostküste.[/liste]

    Zitat

    Ebenfalls zu hoch bewertest du den vermeintlichen Nachteil eines "moderaten" politischen Image. Sollten die Republikaner im November die Zwischenwahlen verlieren - wovon wohl auszugehen ist - werden die Chancen der extremen Falken und extremen Moralisten, die sich in Bushs Umfeld finden, wohl weiter sinken, den nächsten republikanischen Präsidentschaftskandidaten aus ihren Reihen zu rekrutieren. Auch bei den Republikanern werden also wohl wieder deutlich moderatere Leute zum Zuge kommen. Man sehe sich nur die aktuellen Frontrunner für die republikanische Kandidatur - von Bushs "Kriegsprinzessin" Condy Rice (selbst die ist immerhin weiblich und schwarz) mal abgesehen - in den Umfragen an: Da hätten wir zum einen John McCain, der sich mit scharfer Kritik an der Haltung der gegenwärtigen Administration zur Folter und mit Andeutungen, die gigantischen Steuersenkungen für die Superreichen wenigstens zum Teil wieder zurücknehmen zu wollen, den Zorn der Parteirechten zugezogen hat. Desweiteren wäre da Rudy Giuliani, Katholik, zweifach geschieden, Abtreibungsbefürworter.

    Ich glaube, dass das eine Fehleinschätzung ist und die neorechten Geister, die die Republicans sich gerufen haben, nicht so bald wieder verschwinden. Die Neocons werden wohl tatsächlich an Einfluss einbüßen (leider!), aber die Evangelikalen werden ihren Einfluss ausbauen können, davon bin ich fest überzeugt. Dazu kommt noch, dass Karl Rove seine perfektionierte Campaign-Maschine bisher immer rechtzeitig flottbekommen hat und er sich in der Regel dem Tom-DeLay-Lager anschließt, also den Neorechten; das haben die Wahlen auf der Ebene der Bundesstaaten in der Vergangenheit immer wieder gezeigt.
    Eines sollte man auch nicht vergessen: John McCain galt 2000 schon einmal als ein sehr erfolgreicher Kandidat für die republikanische Präsidentschaftsnominierung, wurde aber von der Bush-Truppe zu Fall gebracht (das war eine wirklich böse Schmutzkampagne, aber irgendwas bleibt immer hängen). Die "Moderaten" in der Republikanischen Partei haben es meines Erachtens versäumt, sich Netzwerke und Political Action Committees aufzubauen, die mit denen des Cheney/Rove-Flügels (und allem, was noch weiter rechts steht) vergleichbar wären.
    John McCain hat den eigentlich unschlagbaren "Vorteil", dass er ein gefolterter POW war, dekoriert noch und nöcher. Aber 2004 hat gezeigt, dass auch Kriegshelden keine Präsidenten werden müssen, sondern von schwänzenden Piloten der Nationalgarde besiegt werden können. Man muss nur auf die richtigen Werte setzen...

    So, eigentlich wollte ich vor ca. einer halben Stunde losfahren, aber irgendwie fasziniert mich diese Diskussion ;) Ich glaube, ich brauche wirklich eine ID in Astor.
Jonathan F¸rst von Metternich
Unionskanzler a.D.

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22

Donnerstag, 12. Oktober 2006, 23:55

Mein Lieblingszitat dieser Woche:
It's interesting. The president's approval rating is at an all-time low, North Korea's setting off bombs, Iraq is a mess, the Foley scandal keeps getting worst. Even the Democrats might not be able to blow this election.

Das alte Problem der Demokraten; Wie einigt man einen heterogenen Haufen Egomanen?

Andriz

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23

Freitag, 13. Oktober 2006, 00:08

Der ist besser:

Secretary of State Condoleezza Rice is in Iraq today. See, that's when you know things are bad in Washington -- when it's safer for Republicans to go to Baghdad.

In logischer Verkettung damit zu sehen:

Earlier in the week, Foley checked himself into rehab. But according to the New York Times, many people question his alcoholism claim. That's when you know things are bad in Washington: when a congressman can't even be trusted to be a drunk.

Polit-Rentner

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24

Freitag, 13. Oktober 2006, 00:32

Zitat

Original von Jonathan Metternich
Es ist wohl unstrittig, dass insbesondere die Wähler des Mittleren Westens und die der Swing States die Wahlen entscheiden werden (zusammen mit der demokratischen Bastion Kalifornien).


Ich glaube, viel entscheidender ist der Süden. Die Staaten dort sind inzwischen so bevölkerungsreich, dass die Demokraten eine Präsidentschaft praktisch nur noch gewinnen können, wenn sie dort etwa (nur oder immerhin) zwei Staaten für sich entscheiden. Clinton ist das regelmäßig gelungen, Gore fast, Kerry überhaupt nicht mehr. Es gibt zwar daneben noch die Strategie, "out of the South" zu gewinnen, aber dazu müssten die Demokraten schon den ganzen Mittleren Westen und zusätzlich Teile des "fernen Westens" (etwa New Mexico, Nevada) holen, ihre Bastionen in Kalifornien und Neuengland + Atlantic States natürlich sowieso. Daran sieht man, wie groß das Gewicht des Südens geworden ist, und nach dem nächsten Census wird sich das noch verstärken.
The Reverend Robert E. Crue

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25

Freitag, 13. Oktober 2006, 04:11

Oh, den Süden halte ich gar nicht für so entscheidend, dort ist das Projekt der "permanent Republican majority" meines Erachtens auf absehbare Zeit gesichert. Abgesehen davon kommt der Süden meines Erachtens erst mit dem 2010-Zensus angemessen zur Geltung. Wenn die Republikaner clever sind, führen sie vorher eine Legalisierungskampagne durch; das sicherte ihnen die Stimmen der katholischen, gläubigen, konservativen Einwanderer.

Zitat

Original von Andriz
[...] Earlier in the week, Foley checked himself into rehab. But according to the New York Times, many people question his alcoholism claim. That's when you know things are bad in Washington: when a congressman can't even be trusted to be a drunk.

=) Beide köstlich. Erinnert mich an Joschka Fischers Aussage, wonach der Bundestag eine Alkoholikerversammlung sei, die teilweise ganz ordinär nach Schnaps stinke.
Jonathan F¸rst von Metternich
Unionskanzler a.D.

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26

Freitag, 13. Oktober 2006, 13:47

Zitat

Original von Jonathan Metternich
Oh, den Süden halte ich gar nicht für so entscheidend, dort ist das Projekt der "permanent Republican majority" meines Erachtens auf absehbare Zeit gesichert.


Auch interessant, wie sehr sich das geändert hat. Bis in die sechziger Jahre war der Süden durchweg demokratisch und die Republikaner chancenlos - ein Überbleibsel aus der Zeit des Bürgerkrieges, denn Lincoln war Republikaner, und die vehementesten Befürworter von Sklaverei und Rechten der Staaten waren Demokraten. Während der Civil-Rights-Bewegung waren die übelsten Rassisten im Süden (die, die Martin Luther King in seiner "I have a dream"-Rede kritisiert) durchweg Demokraten. Es muss Kennedys Politik der Förderung der Gleichberechtigung der Schwarzen gewesen sein, die das geändert hat.

Zu Nixon: Mein Vater, der während seines Studiums (1964-70 in München, also sowohl zeitlich wie örtlich mittendrin in der 68'er Revolte :supi) und bis heute doch recht links eingestellt ist (und das bei seinem Beruf...), der die Republikaner verabscheut, hat doch eine erstaunlich gute Meinung von Nixon. Er war wohl der größte Lügner und Verbrecher, der je Präsident war, und der einzige, bei dem ein Impeachment sicher durchgegangen wäre, wenn er nicht mit Rücktritt zuvorgekommen wäre. Sogar seine Vizepräsidenten waren ein einziger Flop: Der erste, Spiro Agnew, musste in einer Korruptionsaffäre zurücktreten, und der zweite, Gerald Ford, wurde nur deswegen Vizepräsident, weil Nixons Favoriten Nelso Rockefeller und ohn Connally allesamt nicht durchsetzbar waren (bis heute ist Ford der einzige Präsident, der niemals weder zum Präsidenten noch zum Vizepräsidenten gewählt wurde - praktisch der unverdienteste Präsident von allen).
Aber Nixons Außenpolitik muss passabel gewesen sein: Abzug aus Vietnam, Verständigung mit China, Abrüstungsgespräche mit der Sowetunion.

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27

Freitag, 13. Oktober 2006, 15:31

Zitat

Original von Merkin D. Muffley
Es muss Kennedys Politik der Förderung der Gleichberechtigung der Schwarzen gewesen sein, die das geändert hat.


Doch erst Lyndon B. Johnson ist die Dinge wirklich angegangen und hat notwendige Reformen umgesetzt, aus meiner Sicht wird Kennedy hier oft überbewertet.

Zu Nixon: Dieser war in Deutschland ungemein populär. Die durch Jubel gezeigte Zuneigung der Deutschen ist mit jener gegenüber Kennedy vergleichbar. Die Bilder werden nur aus verständlichen Gründen viel weniger gezeigt.

George W. Hayes

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28

Freitag, 13. Oktober 2006, 15:42

Zitat

Original von Eugene Monroe

Zitat

Original von Merkin D. Muffley
Es muss Kennedys Politik der Förderung der Gleichberechtigung der Schwarzen gewesen sein, die das geändert hat.


Doch erst Lyndon B. Johnson ist die Dinge wirklich angegangen und hat notwendige Reformen umgesetzt, aus meiner Sicht wird Kennedy hier oft überbewertet.


Die Meinung teile ich. Für mich ist Kennedy - trotz wichtiger Ansätze, die seine Politik hervorgebracht hat - eine der überbewertetsten Präsidenten überhaupt.

Von Nixon habe ich - aufgrung seiner Außenpolitik - eine sehr hohe Meinung. (War nicht ganz umsonst das Avatar meiner ersten ID) Kenne das übrigens auch aus der Familie, dass die eher linken Verwandten (geprägt durch die '68er Genereantion) dennoch eine hohe Meinung von Nixon gehabt haben bzw. noch immer haben. Aber Merkin hat sicherlich recht, wenn er auf die kriminellen Hintergründe hinweist. Wobei ich der festen Überzeugung bin, dass jeder Präsident der jüngeren Geschichte jede Menge Dreck am Stecken hatte. Nixon war leider nur blöd genug sich erwischen zu lassen. ;)

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29

Freitag, 13. Oktober 2006, 17:19

Zitat

Original von Eugene Monroe
Doch erst Lyndon B. Johnson ist die Dinge wirklich angegangen und hat notwendige Reformen umgesetzt, aus meiner Sicht wird Kennedy hier oft überbewertet.

Zustimmung. Die Neokonservativen - um damit auf den Threadtitel zurückzukommen ;) - kritisieren bis heute LBJs "Great Society"-Projekt (die Verwirklichung der Gleichberechtigung Schwarzer zähöt wohl dazu) als Abkehr von den uramerikanischen Werten, während sie FDRs "New Deal" als gelungenes Projekt bewerten.

@Hayes: Clinton hatte seinen Dreck nicht am Stecken stecken, sondern auf einem blauen Kleid. =) :censored
Jonathan F¸rst von Metternich
Unionskanzler a.D.

30

Freitag, 13. Oktober 2006, 17:24

Die Great Society war in der Tat einer der großen Sündenfälle in der US Geschichte. Der New Deal allerdings auch.

Bastian Vergnon

Bastian Vergnon

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31

Freitag, 13. Oktober 2006, 18:15

Irgendwie stimmt es mich skeptisch, ob die Abschaffung der Kinderarbeit ein so großer Sündenfall war.
Salute
Bastian Vergnon


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32

Freitag, 13. Oktober 2006, 19:24

Man kann Kennedy nicht vorwerfen, dass er vieles, was er angefangen hat, nicht mehr zu Ende bringen konnte. Dass er es überhaupt begonnen hat, war aber schon eine große Leistung - er scheute nicht davor zurück, die Immatrikulation schwarzer Studenten an den Universitäten im rassistischen Süden mit Militäreinheiten zu sichern.

In Deutschland wird er natürlich nicht zuletzt wegen seiner Berlin-Rede hoch geschätzt, aber auch in den USA gilt Kennedy nach wie vor als einer der ganz großen Präsidenten (hängt wahrscheinlich auch mit den Raumfahrtprogrammen zusammen), nicht zuletzt weil er in seiner kurzen Präsidentschaft viel leistete. Sein Verhalten während der Kubakrise erwies sich als goldrichtig, und er fand genau die richtige Mischung zwischen amerikanischem wir-müssen-die-Demokratie-in-die-Welt-tragen-Missionarismus und wir-kommen-nicht-umhin-uns-mit-den-Russen-zu-arrangieren-Realismus.

Und weil der Name von Franklin D. Roosevelt fiel: Auch der gilt weithin als einer der größten Präsidenten (ich habe mehr als einmal Vergleiche in der Art gehört, Kennedy sei der beste Präsident seit FDR und Clinton der beste seit Kennedy gewesen - Europäer haben offenbar ein Faible für demokratische Präsidenten). New Deal, das Verhalten während des Zweiten Weltkrieges, die Gestaltung der Nachkriegswelt (oder zumindest der Einstieg in diese Gestaltung), all das wird ihm hoch angerechnet.

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Harriet P. Armstrong

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33

Freitag, 13. Oktober 2006, 19:27

Zitat

Original von Merkin D. Muffley
Und weil der Name von Franklin D. Roosevelt fiel: Auch der gilt weithin als einer der größten Präsidenten [...]


Und das nicht nur in Europa, in einschlägigen Umfragen in den USA kristallisieren sich regelmäßig George Washington, Abraham Lincoln und FDR als die "großen Drei" heraus, die in der Bewertung ihrer Leistung weit vor allen anderen US-Präsidenten liegen.
Yours truly,
Harriet P. Armstrong
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34

Freitag, 13. Oktober 2006, 19:38

Zitat

Original von Bastian Vergnon
Irgendwie stimmt es mich skeptisch, ob die Abschaffung der Kinderarbeit ein so großer Sündenfall war.



Kinderarbeit lässt sich nicht durch Gesetz wegverordnen, sondern verschwindet ab einer bestimmten ökonomischen Entwicklungsstufe von ganz alleine.

35

Freitag, 13. Oktober 2006, 19:42

Zitat

Original von Merkin D. Muffley
Und weil der Name von Franklin D. Roosevelt fiel: Auch der gilt weithin als einer der größten Präsidenten



Und das, obwohl er mit seinem zunächst geplanten Gildenstaat ‡ la Mussolini nur knapp am Supreme Court gescheitert ist und durch die Abschaffung des Goldstandards die Grundlage für die extreme Entwertung des Dollars um 80% seit 1971 (Endgültige Loskoppelung vom Gold) geschaffen hat.

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36

Freitag, 13. Oktober 2006, 22:08

Aus meiner Sicht war die teilweise Entwertung des Dollar notwendig, um die von der Deflation gerpägte Depression zu überwinden. Außerdem halte ich den New Deal nicht für einen Sündenfall, er hat vielmehr dazu beigetragen die extreme Konzentration des Einkommens aus dem frühen 20. Jahrhunderts zu senken und so eine neue breitere Mittelschicht entstehen lassen.

37

Freitag, 13. Oktober 2006, 23:45

Zitat

Original von Eugene Monroe
Aus meiner Sicht war die teilweise Entwertung des Dollar notwendig, um die von der Deflation gerpägte Depression zu überwinden.


Das ist falsch. Die beste Politik wäre eine Politik der Nichtintervention gewesen, um den durch die Inflationspolitik der Fed verursachten Boom an Fehlinvestitionen möglichst schnell zu bereinigen, wie in diesem ausgezeichneten Buch binnen der ersten 80 Seiten bündig erklärt.


Zitat


Außerdem halte ich den New Deal nicht für einen Sündenfall, er hat vielmehr dazu beigetragen die extreme Konzentration des Einkommens aus dem frühen 20. Jahrhunderts zu senken und so eine neue breitere Mittelschicht entstehen lassen.


Dazu liegen mir keine Informationen vor, deshalb kann ich dazu nichts sagen.

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38

Samstag, 14. Oktober 2006, 11:41

Beim Thema Goldstandard traue ich mich mitzureden, da ich für die Wirtschaftszusatzausbildung eine Abschlussarbeit zu dem Thema geschrieben habe ;)

Der Goldstandard wird in seiner wirtschaftsgeschichtlichen Bedeutung überschätzt; er bedeutet keineswegs, dass "Geld" und "Gold" quasi synonym sind - das Ansehen und der Stand einer Währung hängen auch im Goldstandard zuallererst von der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und der Disziplin der Notenbank ab und weniger von der Golddeckung, die sowieso in den seltensten Fällen hinreichend ist. Klar, die Neufestsetzung der Goldparität, von vorher $20,67 auf hinterher $35 die Unze, hat den Dollar massiv abgewertet. Ob das die massive Abwertung des Dollars ausgelöst hat, ist aber eine andere Frage. Schon vorher unterlag die Einlösung von Banknoten in Gold allerlei Beschränkungen, sowohl gesetzlicher als auch psychologischer (es sei "unpatriotisch", von der Zentralbank Gold einzufordern) Art. Wenn ein Goldstandard funktioniert und die Wirtschaft vertrauen in ihn hat, dann tut's ohnehin kaum jemand, und wenn er nicht funktioniert und eine Abwertung erforderlich wird, weil die Reserven ansonsten nicht ausreichen, dann ist die Abwertung unvermeidlich und Folge, nicht Ursache des Wert- und Vertrauensverlustes. Und das Nachkriegssystem von Bretton Woods war schon von seiner Konstruktion her eine einzige Illusion - dass es 1971 zusammenbrach, war beim besten Willen kein Wunder.

Dass Murray Rothbard das anders sieht, überrascht mich nicht - dieser Autor ist ein glühender Verfechter des Goldstandards und sieht darin ohnehin die Lösung aller Probleme (ich habe ihn in meiner Arbeit auch zitiert). Er gehört AFAIK zu denen, die auch für die heutige Welt eine Wiedereinführung des Metallsystems fordern; das ist aber völlig utopisch.

Was Roosevelts Anlehnung an Mussolini angeht: Es soll in den Dreißiger Jahren tatsächlich faschistische Strömungen in den USA gegeben haben. Inwieweit Roosevelt da eingebunden war, weiß ich nicht; bislang dachte ich eher, dass diese Strömungen auf einen Sturz Roosevelts ausgerichtet waren. Ich glaube aber nicht, dass man an seiner Treue zur demokratischen amerikanischen Verfassung wirklich zweifeln kann.

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39

Samstag, 14. Oktober 2006, 15:28

Monsieur Muffley, wenn ich von Goldstandard rede, dann meine ich korrekterweise eher Goldwährung in einem freien Bankensystem, das eben nicht durch eine Zentral- oder Notenbank reguliert wird, wie dies heutzutage gemeinhin üblich. Rothbard bzw generell die ÷sterreichische Schule, in deren Tradition er ja steht, argumentiert ja grundsätzlich, dass die nicht durch ein Warengeld gedeckte Vermehrung des Papiergeldes eine, wenn nicht _die_ wesentliche Ursache des von ihnen als boom'n'bust Zyklus bezeichneten Konjunkturzyklus ist. Sie sagen, ein generelles Muster von Fehlinvestitionen, die irgendwann mit einem Schlag auffliegen und liquidiert werden müssen, wie dies in generellen Rezessionen der Fall ist, könne nur auftreten, wenn man das Geldwesen durch eine übermäßige Papiergeldinflationierung manipoliere, so dass sich eine temporäre Verschiebung der Zinssätze ereignet, die den Unternehmern falsche Marktsignale in Punkto gesamtgesellschaftlicher Zeitpräferenz gibt und plötzlich Investitionen rentabel erscheinen lässt, die es in Realität aber gar nicht sind.

Deshalb fordern solche Leute wie Rothbard ja auch, dass von Banken ausgegebenes Papiergeld immer zu 100% goldgedeckt sein sollte und dass der Staat ein Abweichen hiervon strafrechtlich zu verfolgen habe.

(Aber ich glaube, das hat mit Neokonservatismus jetzt nicht mehr viel zu tun. *g*)

Zitat


das ist aber völlig utopisch.


Sicherlich nicht utopischer als die gewaltigen Papiergeldberge, die sich inzwischen aufgestapelt haben.

Zitat

Es soll in den Dreißiger Jahren tatsächlich faschistische Strömungen in den USA gegeben haben.


Die 30er waren ohnehin eine sehr extreme Periode; man spricht in Amerika auch manchmal von der "Red Decade".

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40

Samstag, 14. Oktober 2006, 16:09

Jetzt geht's in die Geldtheorie, aber man kann Geld aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachten: einmal als Gut mit eigenem, intrinsischem Wert, das seinen Wert aus der eigenen Knappheit bezieht. Dann muss in der Tat das Geldvolumen rigoros gedeckelt werden. Dazu bieten sich Goldreserven, die ja nicht beliebig vermehrbar sind, an, es gibt aber, das nur nebenbei, keinen vernünftigen Grund, warum das Reservemedium nicht Silber, Platin, Uran, Diamanten, Wasserstoff oder sonstwas sein soll, da sich diese ja ebenfalls nicht uneingeschränkt vermehren lassen.

Man kann Geld aber auch als bloßes Hilfsmittel für den Austausch von Waren sehen, das es dem Eigentümer von Gut A, der Gut B benötigt, erspart, mit viel Mühe jemanden zu suchen, der Gut B hat und dafür A haben möchte - stattdessen verkaufen beide ihre Güter gegen das allgemein anerkannte Tauschmittel Geld, das sie dann in jedes beliebige andere Gut eintauschen können. Geld hat also keinen Wert an sich, sondern bezieht seinen Wert allein aus dem Wert der eigentlichen Waren, deren Kreislauf es ermöglicht.

Die heutige Volkswirtschaft bevorzugt die zuletztgenannte Sichtweise.

Ich weise darauf hin, dass die Einführung einer Golddeckung beim gegenwärtigen Stand der Weltwirtschaft gewaltige Hindernisse aufwerfen würde. Für meine Arbeit habe ich einmal, anhand der weltweiten Geldmengen und der Weltvorräte an gold, berechnet, dass selbst eine nur zehnprozentige Deckung aller weltweiten Dollarreserven selbst dann, wenn alles Gold der Erde hierfür herangezogen werden würde, einen Goldpreis von 6000 Dollar die Unze voraussetzen würde. Ein hundertprozentige Deckungspflicht würde den Goldpreis derartig weit hinaufdrehen, dass sich die relativen Vermögensverhältnisse zwischen goldbesitzenden Personen bzw. goldproduzierenden Staaten und dem Rest der Welt gewaltig verschieben würden. Das hätte unvorstellbare Folgen.

Anhänger des Goldstandards verweisen zu Recht darauf, dass die derzeitige Papiergeldwirtschaft allein auf das Vertrauen der Wirtschaftsteilnehmer in den Fortbestand des Systems stützt - ein System, das nicht fortbestehen könnte, wenn die Wirtshcaft anfinge, ernsthafte Zweifel an der Stabilität zu hegen. Dann würde es in der Tat zusammenbrechen. Aber was soll man sagen? Es funktioniert tatsächlich!

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