Madam Speaker,
ich habe den Eindruck, das Congressman Templeton mich hier falsch verstanden hat. Das Problem ist nicht das Prozedere der Ernennung - denn das ein Chief Justice von irgend jemand ernannt werden muss, und dass das Verfahren hierzu das wahrscheinlich sinnvollste ist, steht außer Frage - sondern der Zeitpunkt und die Dauer der Ernennung.
Ein regulärer Supreme Court Justice wird durch den Präsidenten mit Advice and Consent des Senates ernannt, er amtiert eine Amtszeit, wie er während seiner Amtszeit im Einzelfall urteilen wird, ist nicht einzuschätzen.
Eine verübergehende Ernennung erfolgt jedoch für ein bestimmtes Verfahren, auf dieses ist die Ernennung auch begrenzt. Hierin ergibt sich ein grundlegender Unterschied, denn für ein konkretes Verfahren kann durchaus eingeschätzt werden, wie eine Person wohl zu diesem Thema steht und sich somit als Richter im Verfahren verhalten mag. Somit kann durch eine vorübergehende Ernennung der Präsident konkret und direkt durch die Personalauswahl Einfluss auf den Ausgang eines Verfahrens nehmen. Wenn sich also der Präsident - natürlich mit der Bestätigung des Senates - "seinen" Mann für ein spezielles Verfahren aussuchen kann und sich somit "seinen" Supreme Court zusammen stellen kann, hat das mit richterlicher Unabhängigkeit und dem Fair-Trial-Grundsatz nichts mehr zu tun. Dass ein Zustand nicht verfassungsgemäß sein kann, dürfte allgemein einleuchten.
Im Übrigen legt meine Bill keine Unfehlbarkeit des Supreme Court fest - dieser Zustand ist notwendigerweise für ein oberstes Gericht gegeben und ergibt sich aus den Vorschriften der Verfassung. Es ist völlig egal, was der Supreme Court entscheidet, Kraft der Vorschriften seiner Verfassung ist das die letztendliche und bindende Auslegung der Verfassung. Wir mögen es für falsch halten, das ist unser gutes Recht - aber rein rechtlich gesehen kann eine Entscheidung des Supreme Court nicht falsch sein. Zumal der Supreme Court ja jederzeit von seiner Rechtsprechung abweichen und der Kongress durch Änderung der Verfassung oder des Gesetzes eine Supreme Court-Rechtsprechung aufheben könnten, auch wenn das, das gebe ich zu, eine eher theoretische Möglichkeit ist.
Eine Überarbeitung ist hier durchaus möglich - sie würde bloß keinen Effekt haben. Es ist nunmal fakt, dass unsere Verfassung in Article V Section 2 Subsection 1 ausdrücklich besagt: "Der Oberste Gerichtshof ist das Höchst- und Verfassungsgericht der Vereinigten Staaten. Seine Urteile sind bindend und endgültig." Egal was in dieser Gesetzesvorlage meines Hauses steht und welchen Rang man einem Supreme Court urteil zumisst - es ändert nichts an eben dieser Tatsache, dass dieses Urteil verbindlich für die Exekutive und, sofern es sich um eine Frage der Auslegung der Verfassung handelt, auch für die Legislative beim Erlass einfacher Gesetze ist.
Ob das hier nun Congressman Templeton, mir oder einem der anderen Mitglieder des Kongresses also gefällt oder nicht, ist völlig unerheblich. Selbst wenn ich die entsprechende Formulierung aus dem Gesetz streichen lassen würde, um damit dem Congressman entgegen zu kommen, würde das rechtlich gesehen nichts ändern: Wir waren schon immer an die Urteile des Supreme Court gebunden, sind es heute und werden es immer bleiben, so lange diese Verfassung in dieser Form bestand hat, völlig ungeachtet dessen, was irgend ein Gesetz vorschreibt.
Daran ändert auch ein Kollegialgericht nicht, außer, dass die Unfehlbarkeit und der Erlass - zumindest bis zu einer Änderung der Rechtsprechung oder der Rechtslage - endgültig bindender Entscheidungen des Supreme Court auf eine Gruppe von Personen delegiert wird. Congressman Templeton mag grundsätzlich recht haben, mein Haus hat keine Befragung aller Juristen durchgeführt, was aber auch nicht notwendig ist. An einen Supreme Court Justice werden höhere Ansprüche gestellt als an einen normalen Juristen, und Supreme Court Justice kann nur eine Person von unzweifelhafter juristischer Bildung, Neutralität, hoher Reputation und allgemeiner Akzeptanz werden. Solche Personen kennt man, dazu muss man keine Befragung durchführen. Und die einzige Person, die in meinen Augen derzeit diese Kriterien erfüllt, ist Mr Schwertfeger, der bekanntlich bereits Chief Justice ist. Wenn man mir weitere Personen nennen mag, so lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen, bis dahin postuliere ich, dass es derzeit sonst niemand für den Supreme Court gibt.
Wenn es in diesem ehrenwerten Haus gewünscht wird, werde ich Regelungen für ein Kollegialgericht erarbeiten und dem Haus vorstellen. Aber ich bitte die Mitglieder des Kongresses trotzdem, nicht dem Glauben anzuhängen dass sich durch eine solche Regelung kurz- bis mittelfristig grundlegende Änderungen ergeben würden. Es gäbe dann drei Stellen, von denen eine besetzt wäre, möglicherweise sogar zwei, womit sich jedoch weiterhin immer der Chief Justice durchsetzen würde.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Ulysses S. Finnegan jr.« (18. Februar 2009, 22:21)