Gentlemen, ich freue mich über Ihr vollzähliges Erscheinen und möchte Ihnen vorab nur kurz die einzige "Regel" für diese Konferenz vorstellen: keine Denkverbote! Jede denkbare Idee zur Reform des Kongresses soll vorgeschlagen und offen und unvoreingenommen diskutiert werden können. Ob sie letztlich auf Zustimmung stößt ist eine andere Frage, aber das muss sich eben aus dem Austausch der Meinungen und Argumente ergeben. Nicht daraus, dass irgendwas von vornherein "tabu" ist.
Ansonsten will ich aber gar keine langen Vorreden halten, sondern ihnen gleich einen ersten Vorschlag präsentieren, den der RCC entwickelt hat und der auch an der Basis der Republikanischen Partei bereits auf Zuspruch gestoßen ist.
Dieser Vorschlag geht davon aus, dass der Kongress als Zweikammerparlament erhalten bleiben soll. Speziell in Antica neigt man vielfach dazu, in allen möglichen staatlichen Organen potenzielle Problem- oder gar Gefahrenquellen zu erblicken, nur nicht im Parlament, welches darum, von seiner regelmäßigen Wahl durch die Bevölkerung abgesehen, quasi keiner weiteren Kontrolle unterliegt, sondern alle anderen Zweige der Staatsorganisation kontrolliert.
Demgegenüber hat sich nach Meinung des RCC für die Vereinigten Staaten das Modell bewährt, den Kongress nicht nur - etwa durch das Vetorecht des Präsidenten - verstärkt in von den anderen Staatsgewalten ausgehende Kontrollmechanismen einzubinden, sondern in diesen darüber hinaus durch seine Gliederung in zwei Kammern auch einen echten Selbstkontrollmechanismus einzubauen.
Allein die Aufteilung des Kongresses in eine "Volkskammer" und eine "Staatenkammer" als Unterscheidungsmerkmal der beiden Häuser hat sich nach unserem Dafürhalten nicht bewährt.
Das Repräsentantenhaus als "Volkskammer" ist - trotz eines geänderten Wahlverfahrens, das dem einzelnen Abgeordneten mehr persönliche Verantwortung für sein Mandat übertragen sollte - unattraktiv und Sitze in diesem sind wenig begehrt. So wenig begehrt, dass es in der Vergangenheit schon Wahlen gab, zu denen beide große Parteien
zusammen 7 Kandidaten aufgestellt hatten, von denen wiederum nur zwei oder vielleicht drei die ganze Legislaturperiode durchhielten.
Der Senat hingegen fungiert effektiv überhaupt nicht als "Staatenkammer". Schon auf Grund des von unserer Verfassung bestimmten Modells der Gewaltenteilung - Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Staaten sind vollkommen voneinander getrennt und nicht etwa miteinander verzahnt - und dem Zuschnitt der Kompetenzen zwischen und Bund und Staaten ist es für Senatoren vielfach kaum möglich, als solche herausstellbare Interessen ihres Bundesstaates zu vertreten. Überwiegend reden und stimmen sie nach ihren persönlichen Ansichten, und manchmal auch nach Parteilinie.
Dabei unterliegen sie in den allermeisten Fällen letztlich auch keiner wirklichen demokratischen Kontrolle. Tatsächlich alternative Wahlen zum Senator eines Staates gibt es nur ab und zu mal in einzelnen Staaten. Zumeist ist ein Bundesstaat froh, wenn er überhaupt einen langfristig zuverlässigen und aktiven Senator hat. Dessen politischen Ansichten sind dabei nachrangig bis sogar gleichgültig.
Zudem kann sich das Problem ergeben, dass vier Senatoren, die zusammen nur eine deutliche Minderheit der bundesweiten Bevölkerung vertreten, eine für die Stimmung in der Gesamtbevölkerung im Zeitpunkt der letzten Wahlen repräsentative Mehrheit im Repräsentantenhaus sowie die vier übrigen Senatoren, die zusammengenommen ein vielfaches der von den anderen vier vertretenen Bürger repräsentieren, blockieren. Und das lässt sich, wie gesagt, in kaum einem Fall mit den Interessen der von ihnen vertretenen Bundesstaaten begründen. Hier bekommen vielfach höchstpersönliche Ansichten ein im demokratischen Prozess nicht mehr auszugleichendes Gewicht, da die "richtigen" Leute eben gerade in den "richtigen" Staaten gewohnt haben - als diese einen Senator gesucht haben.
Um den Vereinigten Staaten ihr politisches System mit einem Zweikammerparlament, von denen jede Kammer eine eigene Funktion und einen eigenen Charakter hat, zu erhalten und dieses praktisch sinnvoll zu nutzen, möchten wir daher vorschlagen, von einer Volks- und einer Staatenkammer auf eine Parteienkammer und eine Personenkammer mit föderaler Komponente umzustellen.
Das sähe praktisch so aus:
Das Repräsentantenhaus würde wieder nach dem Verhältniswahlrecht gewählt, für eine Legislaturperiode von nur noch 2 Monaten und idealerweise mit sog. starren Listen. Es soll in erster Linie das möglichst aktuelle bundesweite Stärkeverhältnis der Parteien abbilden und die "treibende" Kraft im Gesetzgebungsverfahren sein, da es eben nur für 2 Monate in einer bestimmten Zusammensetzung zusammenarbeitet und diese sich dann schon wieder ändern kann. Scheiden Mitglieder aus, sollen zunächst die bisher nicht berücksichtigten Kandidaten von deren Liste nachrücken. Im Bedarfsfalle, also wenn es auf einer Liste keinen Nachrücker mehr gibt, könnte zur Mitte der Legislaturperiode ein zentraler Nachwahltermin angesetzt werden, bei dem dann auch das Mehrheitswahlverfahren Anwendung finden könnte (wer die meisten Stimmen auf sich vereint, bekommt das vakante Mandat). Das Repräsentantenhaus soll stets möglichst kurzfristig auf Ereignisse, Stimmungen, Bedürfnisse und Probleme reagieren und auf eine schnelle Lösung drängen.
Die Mitglieder des Senats würden wie gehabt in drei Staffeln für je 6 Monate gewählt, ein Senator aus jedem Bundesstaat. Wahlberechtigt sollen dabei bei der Wahl jedes Senators aber jeweils alle Bürger der Vereinigten Staaten sein, jedoch werden die Stimmen der Einwohner des Staates, dessen Senator gewählt wird, stärker gewichtet - das "Albernische Modell" eben. Im Prinzip kann jeder Bürger als Senator für jeden Staat kandidieren, jedoch muss ein Senator zum Zeitpunkt des Antritts seines Mandats in dem Staat wohnen, für den er gewählt wurde, und dort wohnen bleiben solange er dieses Mandat innehält. Da es selbst bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen in der Bevölkerung niemals einer Partei gelänge, in jedem Staat einen Kandidaten aufzustellen, wären die Wähler gezwungen, stärker auf die Persönlichkeit und persönlichen Ansichten und Ziele der Kandidaten zu schauen und nach diesen ihre Wahlentscheidung zu treffen - oftmals eben auch für einen Unabhängigen oder ein Mitglied der konkurrierenden Partei, mit dem man glaubt gut zusammenarbeiten zu können. Senatoren sollen dadurch unabhängiger sein von den Parteien als die Repräsentantenhausabgeordneten, aber dennoch einer echten demokratischen Kontrolle unterliegen. Der Senat als Ganzes soll die "bremsende" Kraft im Gesetzgebungsverfahren sein, da die Senatoren längere Amtszeiten haben als die Mitglieder des Repräsentantenhauses und weniger eng an die Linie einer der Parteien gebunden sind, soll seine Zusammensetzung längerfristige, parteiübergreifende und eher sachpolitisch bezogene Trends und Stimmungen abbilden und er als Gegengewicht gegen das Repräsentantenhaus wirken.
Zudem stellt er sicher, dass stets mindestens ein Einwohner jedes Bundesstaates im Kongress sitzt, auf dessen Wahl die Bürger dieses Staates zudem einen erhöhten Einfluss haben. Das reicht aus föderalistischer Perspektive eigentlich bereits völlig aus: das Schwergewicht der Gesetzgebungszuständigkeiten liegt nach der Verfassung bei den Bundesstaaten. Der Bund kann nach der Verfassung den Staaten per Gesetz keinerlei Aufgaben übertragen, Kosten verursachen oder Gestaltungs- bzw. Handlungsspielräume begrenzen. Verfassungsergänzungen, die Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten der Bundesstaaten haben, bedürfen ohnehin der Ratifikation von drei Vierteln der Bundesstaaten.
Als Vertretung der Bundesstaaten fungiert der Senat in der Praxis bisher wie gesagt sowieso auch nicht. Schon deshalb nicht, weil die übergroße Mehrheit der innenpolitischen Themen sowieso alleinige Sache der Bundesstaaten ist, und die Vereinigten Staaten als Bundesstaat längst soweit gefestigt und miteinander verwachsen sind, dass es kaum als solche voneinander unterscheidbare divergierende Interessen etwa in der Außenpolitik gibt. Die Bevölkerung jedes Bundesstaates bleibt mit mindestens einem Mitglied als nächstem Ansprechpartner im Kongress vertreten, das ist gesichert. Aber die durch ihren Einfluss auf Personalentscheidungen des Präsidenten vielleicht "mächtigere" Kammer des Kongresses besteht nicht mehr u. U. mehrheitlich aus Mitgliedern, die ihre Mandate ohne Ansehen ihrer Persönlichkeit und politischen Ziele nur aus Mangel an Mitbewerbern innehaben, ohne dass sie dabei irgendwie nachvollziehbar individuelle Interessen ihres Heimatstaates vertreten.
Soweit der erste Vorschlag des RCC. Die Diskussion ist freigegeben.