In dem Rechtsstreit
Paul Cunnigham
versus
The United States Congress
wird beantragt, die Erteilung eines Writ of Ceriorari
abzulehnen.
A
Gesamtbewertung
Die Klage ist teilweise unzulässig und soweit zulässig unbegründet.
B
Zulässigkeit
Die Klage ist zulässig, insoweit sie sich auf den Beschluss des Federal Election Act durch den US Congress richtet. Die Klage ist unzulässig, insoweit sie sich gegen die faktische Zusammensetzung des Repräsentantenhauses richtet.
1
Zunächst ist zu fragen, gegen welches Tun oder Unterlassen sich die Klage genau richtet. Die Klage richtet sich erstens gegen den Beschluss des Federal Election Act durch den Kongress. Insoweit ist die Klage zulässig.
2
Die Klage richtet sich zweitens gegen die faktische Zusammensetzung des Repräsentantenhauses: „Das aktuelle Repräsentantenhaus besteht derzeit nur noch aus vier Mitgliedern. Es verstößt damit gegen die Verfassung und ist verfassungswidrig.“
Die Zusammensetzung des Repräsentantenhauses ist kein Tun oder Unterlassen des Kongresses, sondern Ausfluss der Feststellung des Election Office vom 20. März 2011, wonach sieben Kandidaten gewählt sind
[Electoral Office] House of Representatives - March 2011 in Verbindung mit deren individuellem Wahrnehmen oder Nicht-Wahrnehmen des Mandats. Da sich dieser Klagebestandteil nicht gegen ein Tun oder Unterlassen des Kongresses als Verfassungsorgan richtet, ist eine Klage gegen den Kongress in dieser Frage unzulässig.
C
Begründetheit
Im Folgenden wird zur Begründetheit der Klage insoweit Stellung genommen, als die Klage zulässig ist.
1
Die USConst gibt dem Gesetzgeber für die gesetzliche Ausgestaltung der Wahlen zum Repräsentantenhaus einen Rahmen vor. Art. 3 Sec. 3 No 1 USConst besagt: „Das Repräsentantenhaus ist die erste Kammer des Kongresses und die Vertretung des gesamten Volkes der Vereinigten Staaten. Seine Mitglieder, deren Zahl stets mindestens fünf betragen soll, werden von allen stimmberechtigten Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl auf einen Zeitraum von vier Monaten gewählt.“
Fraglich ist zunächst, ob mit der Zahl der „Mitglieder“ die Zahl der faktisch ein Mandat wahrnehmenden Repräsentanten gemeint ist oder die Zahl die mindestens für die Besetzung durch Wahl zu Verfügung stehenden Sitze. Die Frage ist also, ob das Repräsentantenhaus mindestens fünf Sitze vorsehen muss oder ob fünf Sitze besetzt sein müssen.
a
Der Wortlaut des Gesetzes legt nahe, dass die Zahl die faktisch ein Mandat wahrnehmenden Repräsentanten bezeichnet, weil der Text nicht von Sitzen oder Mandaten spricht sondern eben von „Mitgliedern“.
b
Sie Systematik legt einen anderen Schluss nahe. Art III Sec 3 USConst zum Repräsentantenhaus spiegelt sich in Artikel III Sec 4 USConst zum Senat. Der Systematik nach entsprechen sich die einzelnen Absätze hinsichtlich Form und Funktion, nur dass beim Senat mit Art. III Sec 4 No 3 eine ergänzende Norm eingefügt ist.
Art. III Sec 4 No 1 USConst lautet: „Der Senat ist die zweite Kammer des Kongresses und die Vertretung der einzelnen Staaten des Bundes. Er setzt sich aus je einem Senator für jeden Bundesstaat der Vereinigten Staaten zusammen. Seine Mitglieder werden grundsätzlich in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl auf einen Zeitraum von sechs Monaten von den stimmberechtigten Bürgern eines Staates gewählt.“
Diese Passage definiert die Zusammensetzung des Senats, der nach Wortlaut aus jeweils einem Senator bestehen soll. Hier wird deutlich: Die Verfassung meint dass jedem Staat ein Senatssitz zu Verfügung steht. Andernfalls wäre jede gesetzliche Regelung die es ermöglicht, dass ein Senatssitz vakant fällt, nicht mit der Verfassung vereinbar. Es ist schlechterdings gar nicht möglich, eine mit den Verfassungsgrundsätzen vereinbare Regelung zu treffen, die ausschließt, dass eine Position im Repräsentantenhaus oder Senat unbesetzt bleibt.
Die Systematik legt also nahe, dass die Verfassung vorgibt, wie viele Sitze zur Besetzung zu Verfügung stehen.
c
Sinn und Zweck der Passage ist es, dem Gesetzgeber einen Rahmen für seine Gesetzgebung vorzugeben. Das ergibt sich daraus, dass die Formulierung so offen ist dass sie zwingend gesetzlicher Ausgestaltung bedarf, um angewendet werden zu können. Der Gesetzgeber kann – wie oben beschrieben – im Rahmen der verfassungsmäßigen Grundsätze und hier insbesondere der allgemeinen Handlungsfreiheit der Bürger, die sich aus Art. II Sec 2 USConst ergibt, gar kein Gesetz erlassen, dass gänzlich ausschließt, dass Sitze unbesetzt bleiben. Denn dies ginge nur über einen Zwang, sich für solche Ämter zu Verfügung zu stellen.
d
Im Ergebnis verpflichtet Art III Sec 3 No 1 also den Gesetzgeber, die Wahlen zum Repräsentantenhaus so auszugestalten, dass mindestens fünf Sitze durch Wahl des Volkes vergeben werden können. Art III Sec 3 No 1 verpflichtet weder den Gesetzgeber, noch das Volk, dass fünf Sitze besetzt sein müssen. Art III Sec 1 No 1 FEA lautet „Das Repräsentantenhaus besteht gemäß den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus mindestens 5 Mandaten.“ Und entspricht damit der Verfassung.
2
Weiter heißt es in Art. III Sec. 3 No 4 USConst: „Fällt ein Sitz im Repräsentantenhaus vakant, so soll er umgehend nach demokratischen Grundsätzen und gemäß den gesetzlichen Vorschriften neu besetzt werden, und das neue Mitglied soll bis zum Ende der Funktionsperiode des Hauses amtieren.“
Zunächst ist zu fragen, wie eine Regelung der Nachbesetzung ausgestaltet sein muss, damit sie dem Kriterium „umgehend“ genügt.
a
Nach dem Wortlaut ist die Nachbesetzung eines vakant gewordenen Amtes umgehend, das heißt sofort, vorzunehmen. Abzugrenzen ist dies dem Wortlaut nach von unverzüglich, das eben kein sofort bedeutet. Dies würde einen Automatismus begründen, der einer klaren Rangfolge der Nachrücker bedarf. Gleichzeitig müssen aber auch „demokratische Grundsätze“ eingehalten werden, die dazu führen, dass in Einzelfällen eine weitere demokratische Entscheidung – sprich Wahl – erforderlich ist, die selbstverständlich auch einer gewissen Zeit bedarf. Die „demokratischen Grundsätze“ schränken also das Kriterium „umgehend“ ein und machen daraus dem Inhalt nach ein „so schnell wie nach demokratischen Grundsätzen möglich“.
b
Aus der Systematik und dem Vergleich mit der Regelung für den Senat ergibt sich, dass das Wort „umgehend“ durchaus das Abhalten von Wahlen zulässt und keinen Automatismus begründen muss. Die systematische Auslegung relativiert insoweit nochmals den strikt anmutenden Wortlaut.
c
Sinn und Zweck der Regelung ist es, dass mit der Neubesetzung nicht bis zu den nächsten Wahlen zum Repräsentantenhaus gewartet wird, sondern die Nachbesetzung möglichst rasch erfolgt. Der Sinn der Regelung ist ein möglichst vollständiges Repräsentantenhaus. Aus den demokratischen Grundsätzen lässt sich herleiten, dass unnötig viele Wahltermine auch nicht gewünscht sind, weil es den Wert der Wahl reduziert. Die Verfassung bekennt sich mit Art. III Sec 1 No 1 USConst zur repräsentativen Demokratie. Eine Übertragung der legislativen Gewalt auf ein Repräsentativorgan ist nur dann funktional möglich, wenn nicht ständige Wahlen dazu führen, dass de facto die Wahlen einen Abstimmungscharakter bekommen. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass die Nachbesetzung „so schnell als nach demokratischen Grundsätzen möglich“ durchaus auch zulässt, dass der nächst mögliche geeignete Termin für die Nachbesetzung angesetzt wird und kein ungeeigneter Termin gewählt werden muss.
d
Im Ergebnis verpflichtet Art. III Sec 3 No 4 USConst den Gesetzgeber eine Regelung für die Nachwahl der Repräsentanten zu treffen, die die Nachbesetzung so schnell als unter Wahrung der Möglichkeit von Wahlen und unter Wahrung des Wertes von Wahlen ermöglichen. Das binden der Nachbesetzung an andere bundesweite Wahlen stellt ein geeignetes Mittel dar, die demokratischen Grundsätze zu wahren. Art III Sec 5 FEA lautet „(1) Ist zur Neubesetzung eines nach Art. V, Sec. 1 vakant gefallenen Mandates eine Stichwahl erforderlich, so findet diese parallel zur nächsten bundesweiten Wahl nach den Vorschriften von Sec. 4 dieses Artikels statt; bis zur Durchführung dieser Stichwahl bleibt das Mandat vakant.(2) Findet vor der nächsten ordentlichen Wahl zum Repräsentantenhaus nach diesem Gesetz keine andere bundesweite Wahl mehr statt, so bleibt das Mandat bis zu dieser vakant.“ und entspricht damit der Verfassung.
3
Der Federal Election Act steht im Einklang der Verfassung der Vereinigten Staaten von Astor. Die Klage ist abzuweisen.
John Nathan Hope
President of Congress