So viel nun also zu den Medikamenten aus der Gruppe der ACE-Hemmer und ihrer direkten Alternativpharmaka von der Klasse der Angiotensin-II-Rezeptor Blocker. Wie wir ja erörtert hatten, liegt eine entscheidende effektive Wirkkomponente dieser Substanzen nun also in ihrer blockierenden Interaktion bzw. Herunterregulierung der Stimulation solcher Gefäßrezeptoren, die in der Abwesenheit dieser Medikamente durch vasokonstriktorisch wirkende Hormone (insbesondere Angiotensin II ist dabei eine herausragende Bedeutung zuzuschreiben) dazu beitragen würden, dass der systemische Gefäßwiderstand größer wäre als unter entsprechender pharmakologischer Therapie.
Diese Medikamente entfalten einen erheblichen Anteil ihrer Wirkung also über eine Hemmung der Gefäßverengung, was gemäß der schon genannten physikalischen Zusammenhänge Belastung der Herzmuskulatur vermindert. Eben diese physikalischen Zusammenhaänge zwischen Gefäßradius, Gefäßwiderstand und Herzfunktion sind unter der Verwendung von direkten Vasodilatatoren gleichsam zu erreichen. Daher finden auch Medikamente, die direkte gefäßerweiternde Auswirkung auf das Gefäßssystem haben, Anwendung in der medikamentösen Therapie der Aortenklappeninsuffizienz. Diese pharmakologische Gruppe der
Vasodilatoren ist nun also der nächste Punkt auf unserer Liste, den wir en detail zu besprechen haben.
Eine Übersicht über die verschiedenen Wirkmechanismen, die diesen Substanzen nun zugrunde liegen, gibt Ihnen die folgende Abbildung.
Wie Sie sehen haben Sie alle eine gemeinsame Endstrecke, in deren Rahmen es zu einer
Senkung des glattmuskulären Tonus der Gefäßmuskulatur kommt. Neben den AT1-Rezeptor Blockern sind hier außerdem die Wirkstoffklassen der
L-Typ Calciumkanal Blocker, unter denen insbesondere die Derivate des
Dihydropyridins aufgrund ihrer ausgeprägten Wirkungen auf die L-Typ Calciumkanäle der
glatten Gefäßmuskulatur sich gegenüber denjenigen Vertretern aus der Klasse der L-Typ Calciumkanal Blocker, die stärker auch die Calciumkanäle des Herzens beeinflussen, für Indikationen bei denen es das therapeutische Ziel ist möglichst selektiv den TPR zu reduzieren, den Calciumkanalblockern mit stärkerer Wirkung auf die
kardialen L-Typ Kanäle (
Verapamil und
Diltiazem Gruppe), vorgezogen. Durch die Wirkung der Dihydropyridine wird also eine Vasodilatation und dadurch eine Senkung des Gefäßwiderstandes bewirkt. Der Effekt ist wiederum eine
Senkung der linksventrikulären Nachlast.
Das nächste Medikament, welches Anwendung findet in der Therapie der Aortenklappeninsuffizienz ist das sogenannte
Nitroprussidnatrium. Dieses zählt zu den sogenannten
nicht-enzymatischen NO-Donatoren. Nitroprussidnatrium (Sodium nitroprusside → Abbildung) gehört in diese Gruppe. Ihre Vertreter setzen
spontan (also ohne Einfluss enzymatischer Aktivität) NO frei.
Dem steht entsprechend die Gruppe der
enzymatischen NO-Donatoren (→ Organic nitrates) gegenüber, die nach der Aufnahme in die glatte Gefäßmuskelzelle bei enzymatischer Einwirkung und unter Reduktion durch reaktive Sulfhydryl-Gruppen zu NO bzw. S-nitrosothiol (wird über einen Zwischenschritt zum wirksamen Metaboliten NO reduziert) überführt werden. Bei den NO-Donatoren handelt es sich demnach also um sogenannte
Prodrugs (=Medikamente, die zunächst in inaktiver, nicht wirksamer Form aufgenommen und im Körper dann zu den aktiven Wirkstoffen umgewandelt werden).
NO seinerseits aktiviert ein zelluläres Enzym (
Guanylatzyklase, GC). Sofern aktiviert, katalysiert dieses Enzym die Umwandlung von
GTP zu
cGMP. Die weiteren Abläufe sind in der nachfolgenden Abbildung etwas detaillierter dargestellt.
Das was wir zunächst betrachtet hatten ist auf dieser Folie rechts mit den grünen Pfeilen dargestellt. Also sprich: zunächst die Aktivierung der Guanylatzyklase GC durch den aktiven Metaboliten NO, der aus den entsprechenden Prodrugs entweder enzymatisch oder nicht-enzymatisch freigesetzt wurde. Das Enzym Guanylatzyklase selbst wandelt dann GTP in cGMP.
cGMP hemmt dann die Öffnung des transmembranären (= durch die Zellmembran hindurch reichenden)
L-Typ Calcium-Kanals, der auch der pharmakologische Angriffspunkt der zuvor genannten Calciumkanal-Blocker ist. Diese Hemmung führt dazu, dass der von außen ins Zellinnere gerichtete Calciumeinstrom und damit auch die
intrazelluläre Calciumkonzentration gesenkt werden.
Im oberen Teil meines nächsten Bildes ist dann die Wirkung bis hin zur letztendlichen Relaxation der glattmuskulären Zelle dargestellt.
Calcium in der glatten Gefäßmuskelzelle führt also im Verbund mit Calmodulin (→ CM) wie wir hier sehen normalerweise dazu, dass die Myosine light chain Kinase (MLCK) in den aktiven Zustand überführt wird und dann unter Verbrauch von ATP die Leichten Ketten der Myosinköpfchen (Myosine light chain =
MLC) phosphoryliert. In der phosphorylierten Form sind diese dann in der Lage eine Kontraktion der Zelle und mit Blick auf den gesamten Zellenverband in der glatten Muskulatur der Gefäßwand eine
Vasokonstriktion also Gefäßverengung auszulösen.
Nun hatten die NO-Donatoren allerdings über verschiedene Zwischenschritte schlussendlich dazu geführt, dass die intrazelluläre Calcium-Konzentration gesenkt wurde. Entsprechend wird die Calcium+Calmodulin vermittelte Aktivierung der Myosine Light Chain Kinase schwächer ausfallen. Folglich werden weniger Myosine Light Chains phosphoryliert und die Vasokonstriktion sowie die Muskelkontraktion der Zellen fällt schwächer aus. Dazu kommt auch noch die im unteren Teil des Bildes dargestellte Wirkung von cGMP auf das Enzym, welches die genau entgegengesetzte Reaktion katalysiert wie die MLCK. Die Myosine-light-chain-phosporylase (
MLCP) nämlich desphosporyliert die aktiven MLCs und überführt sie damit in den inaktiven Zustand.
Natürlich wäre es der Natur jetzt viel zu einfach, wenn das die einzigen intrazellulären Effekte von cGMP wären. Tatsächlich hat das cGMP noch eine weitere Wirkungen auf die Zelle. Diese sehen Sie auf der folgenden Darstellung.
Erstens erhöht es noch die Öffnungswahrscheinlichkeit von
Kalium-Kanälen, sodass entsprechend des elektrochemischen Gradienten positiv geladene Kaliumionen aus der Zelle herausströmen. Dadurch diesen Verlust positiver Ladungen aus dem Zellinneren wird die Ladungsbilanz von intrazellulär ausgehend betrachtet negativer. Das entspricht einer
Hyperpolarisation. Die
L-Typ Calcium-Kanäle in der Membran der glatten Gefäßmuskelzellen sind nun ebenfalls
spannungsgesteuert. Das bedeutet konkret, dass sie sich auch umso weiter für den Einstrom von Calcium-Ionen in die Zelle öffnen, je mehr positive Ladungen sich in der Zelle befinden. Entsprechend führt auch der Verlust von positiven Ladungen zu einer weiteren
Senkung des Calciumeinstroms in die Zelle.
Typische Frage: Worauf muss man bei der
Dauertherapie mit NO-Donatoren achten?
Antwort:
Tachyphylaxie. Tachyphylaxie beschreibt das Phänomen, dass die Verabreichung eines Medikaments dazu führt, dass innerhalb kürzester Zeit eine hohe
Toleranzentwicklung gegenüber weiterer Dosisgabe beobachtet wird. So ist es auch bei den Nitrovasodilatoren (NO-Donatoren). Diese führen innerhalb von 24 Stunden nach der Gabe zu einem deutlichen Verlust der Wirkung weiterer Gaben. Daher werden Sie bei der Anordnung von NO-Donatoren darauf achten müssen, dass Sie versuchen immer so
gering wie möglichst zu dosieren und bei Notwendigkeit einer dauerhaften Medikation,
medikamentenfreie Intervalle einzuschieben, innerhalb derer sich die Nitro-Toleranz wieder regenerieren kann.
Prinzipiell besitzen sie sowohl auf Arterien als auch venöse Gefäßwände eine vasodilatierende Wirkung. Durch die Vasodilatation der Arteriellen Gefäßwände wird die Nachlast vermindert. Durch die Vasodilatation der venösen Gefäßwände die Vorlast. Trotzdem ist es bei der Einnahme von NO-Dilatatoren so, dass die
gefäßerweiternde Wirkung auf die
venösen Gefäßwände die der arteriellen überwiegt. Entsprechend wird dann eben auch die Vorlast stärker gesenkt als die Nachlast.
Klinische Bedeutung
Nitrate gehören zu den Standardmedikamenten in der
Notfallmedizin. NO kann die Schleimhäute gut passieren und ist daher insbesondere notfallmäßig schnell und ohne die Notwendigkeit zuvor einen Gefäßzugang gelegt haben zu müssen
sublingual applizierbar. Neben der
Sauerstoffgabe (4-8 L), die allerdings nur indiziert ist wenn die Sauerstoffsättigung im Blut unter 90-95% abfällt, sowie der Analgesie mit
Morphin gehört die sublinguale Gabe von
Nitroglycerin (ein Nitrovasodilatator) zum standardmäßig angewandten Algorithmus in der Therapie
akuter Angina-Pectoris Anfälle und
Myokardinfarkt. Weitere Indikationen sind die
kurzfristige Blutdrucksenkung bei
akuter hypertensiven Entgleisung (mögliche Ursachen wären Phäochromozytom, Nierenarterienstenosen, Aortendissektion → v.a. Nitroprussidnatrium + Nitroglycerin geeignet) und das Vorliegen eines
hypertensiven Lungenödems.
Nitroglycerin seinen Wirkungsbeginn bei sublingualer Applikation
2-5 Minuten nach Verabreichung. Die Wirkung hält dann für etwa
30 Minuten an.
Bei männlichen Patienten mit den Symptomen eines akuten pectangonösen Koronarsyndroms. Was fragen Sie bevor sie das Nitroglycerin geben? Ganz einfach: Sie erfragen ob in Zeitreum der letzten 24 Stunden Ssildenafil (VIAGRA) eingenommen habe. Bei diesem Medikament handelt es sich um einen
Hemmstoff des Enzyms
Phosphodiesterase (PDE 5). PDE5 baut cGMP ab. Und da die intrazelluläre Konzentration von cGMP und damit auch dessen Wirkungen durch die Einnahme von Nitrovasodilatatoren erhöht werden, potenzieren sich die Wirkungen dieser Medikamente. Oder anders gesagt: Durch NO-Donatoren wird die cGMP Konzentration erhöht. Durch PDE5-Hemmer wird der Abbau von cGMP gestoppt. Die daraus resultierende Potenzierung der Wirkungen, führt zu einer überschießenden Vasodilatation. Der Gefäßwiderstand und damit auch der Blutdruck sinken stark ab. Es besteht die Gefahr
lebensbedrohlicher Hypotonien.
Daneben haben natürlich auch die NO-Donatoren alleine ja aufgrund ihrer vasodilatierenden Wirkung einen senkenden Einfluss auf den Blutdruck. Entsprechend ist es erforderlich den Blutdruck eines Patienten zu messen bevor man ihn mit diesen Medikamenten therapieren kann, um die Risiken im Falle einer bereits vor Medikamentengabe vorliegenden
Hypotonie nicht zu verschlimmern.