In Liaoning tritt der Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Leo McGarry, vor jubelnde Anhänger und neugierige Interessierte. Es ist das erste Town-Hall-Meeting (THM) seiner Kandidatur und wird von Medien und politischen Beobachtern mit Spannung erwartet.
Leo hebt die Hand, damit der Jubel abebbt.
Meine Freude, danke für Ihr Kommen. Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mir als dem klaren Underdog in diesem Rennen zuzuhören. Astor steht vor einer wichtigen Entscheidung. Ich schlage vor, dass wir unsere Zeit nicht damit verbringen, uns wie die Republikaner gegenseitig zu komplimentieren, sondern dass wir möglichst viele außenpolitische Themen anschneiden. Hier in der ersten Reihe gibt es schon eine Meldung. Bitte, Ma'am.
Eine chinopischstämmige Frau mittleren Alters spricht ins Mikrofon: "Governor, mein Name ist Christine LaRue und mich interessiert, was in Ihren Augen die größte außenpolitische Herausforderung unserer Zeit ist?"
Vielen Dank für Ihre Frage, Christine. Ich glaube, unsere größte Herausforderung ist die Erhaltung und Verbreitung von Demokratie und Freiheit in allen Teilen der Welt. Wir haben in den vergangenen Monaten gesehen, wie schnell eine Demokratie unterwandert und verführt werden kann. Die Vorgänge rund um Huangzhou sind uns allen noch in bester Erinnerung und so etwas wird wieder vorkommen. Das Krisenmanagement der Jefferson-Administration war international irrelevant. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass unser Außenminister sich überhaupt jemals zur Sache geäußert hätte.
Ich habe es
nachgeschaut: In seiner gesamten Amtszeit hat das State Department unter Justin Wayne kein einziges Statement herausgegeben. Seine
ausbleibende Antwort auf die Frage, was er gemacht hat, lässt für mich nur den Schluss zu: nichts Relevantes. Diese drei Monate Wayne haben uns auf dem diplomatischen Parkett in die Prä-Madison-Ära zurückkatapultiert. Das ist ärgerlich und unnötig, aber offenbar sehen die heutigen Republikaner das anders.
Hen Lu aus Halangdan spricht als Nächster: "Mr. McGarry, nehmen wir an, Sie werden gewählt. Was wären im Bereich der Außenpolitik Ihre ersten drei konkreten Schritte?"
Eine sehr gute Frage, Mr. Hen. Ich habe lange darüber nachgedacht, welche Prioritäten ich setzen werde. Die folgenden drei Punkte wären für mich essentiell:
- Wiederbelebung des Council of Nations (CoN): Ich glaube nicht, dass diese Institution sich schon überlebt hat, sondern dass sie am Desinteresse der Großmächte zu scheitern droht. Es gibt beim CoN ein vorsichtige Reformbestrebungen und ich glaube, dass die dortigen Diskussionen in die richtige Richtung gehen. Bisher mangelt es an internationaler Beachtung und ich glaube, Astor kann mit dazu beitragen, dem CoN weitere Aufgaben zu geben, ohne dass es die Souveränität unseres Landes verletzt. Standardisierungsaufgaben wären dort sinnvoller angesiedelt als bei einer externen Organisation (die ja bereits gescheitert ist).
- Reform der International Security Organisation (ISO): Die ISO ist nicht wert- oder sinnlos, aber sie droht einzuschlafen. Aus meiner Sicht potenziert es die diplomatische und militärische Schlagkraft Astors, dass wir mit Albernia und den Hollunderlanden zwei starke Partner an unserer Seite haben. Dennoch sollten wir mit diesen gemeinsam überlegen, welche Änderungen wir im Rahmen einer Regierungskonferenz veranlassen könnten. Ich denke da beispielsweise an einen institutionalisierten Austausch von Geheimdienstinformationen.
- Ausbau unserer diplomatischen Beziehungen: Die Vereinigten Staaten sind wichtig, aber nicht sonderlich gefragt. Die engen bilateralen Kontakte, die andere Staaten mit ihren Nachbarn und Freunden genießen, haben wir kaum. Wir sind ein offenes und freundliches Land und sollten den kulturellen Austausch mit anderen Nationen nicht auslassen, sondern als Chance begreifen. Ich denke dabei insbesondere auch an das Kennenlernen von Nationen, mit denen wir wohl bald auf einer Karte sein werden, ohne dass wir bisher ihre Namen kennen.
Carl Stein aus Hong Nam meldet sich als Nächster: "Leo, ich bin seit Jahrzehnten Mitglied der Demokraten. Wir waren immer eine Partei des Ausgleichs, aber Du hast in der Vergangenheit oft den Einsatz militärischer Mittel gefordert. Man hat manchmal den Eindruck, Du seist radikaler als die Republikaner!"
Im Saal kommt Gemurmel auf, Pfiffe gellen. Beschwichtigend hebt Leo den Arm.
Jeder soll hier die Chance haben, sich zu äußern. Diese Zweifel an mir sind doch verständlich.
Carl, ich bin ein überzeugter Anhänger der Demokratie. Wenn ich sehe, wie Menschen unterdrückt werden und unsere Regierung es nicht einmal schafft, diese Themen offen anzusprechen, dann macht mich das bitter.
Wir sind ohne Zweifel die mächtigste Nation der Welt. Unsere Miltärmacht ist unübertroffen. Aber dahinter stecken hohe Kosten - menschlich, finanziell, wirtschaftlich und politisch. Ich setze unser Militär nicht gerne ein. Aber ich bin bereit, auf die Tapferkeit unserer GIs zurückzugreifen, wenn dazu die Notwendigkeit besteht. Solche Einsätze sind nicht risikolos, aber auf lange Sicht ist Passivität noch schädlicher. Wir haben lange nicht entschlossen genug gegenüber Aurora gehandelt, während das Land immer stärker wurde. Jetzt haben wir den Salat. Ich bin dagegen, dass wir mit jeder Herausforderung so umgehen. Entschlossenes diplomatisches Handeln, wenn möglich; ebenso entschlossenes militärisches Handeln, wenn nötig.
In weiten Teilen der Halle gibt es Applaus für diese Worte.
So, die nächste Frage, bitte. Wer will?
Suchend blickt McGarry sich im Saal um...