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Joshua L. Chamberlain

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Sonntag, 13. Februar 2011, 22:20

[United States War College] Vorlesung II: Feuer und Bewegung

Elemente der Taktik

Kampf bedeutet den Einsatz zweier Parteien in Raum und Zeit. Die Taktik hat demnach vier Elemente zu berücksichtigen: den Gegner, die eigenen Mittel, die Umwelt und die Zeit.

Der Wert dieser Elemente wird von messbaren und nicht messbaren Faktoren bestimmt. Die Trefferwahrscheinlichkeit von Waffensystemen im Duell mit dem Gegner beispielsweise ist mathematisch bestimmbar. Panzer ohne Feuerleitsystem treffen im besten Fall vielleicht auf tausend Meter im ersten Schuss und sind gegnerischen Panzern mit Feuerleitsystem unterlegen. Auch die Zerstörungswahrscheinlichkeit von Munition oder der Verzögerungswert von Hindernissen lässt sich berechnen, und die Quantität, also die personelle und materielle Stärke, ist genau bestimmbar.

Aber wie soll die Quantität mit der Qualität, mit der Art der Ausrüstung und Bewaffnung, aussagekräftig verbunden werden? Was ist zum Beispiel wertvoller: 10 Geschütze mit einer Reichweite von 30 km oder 20 Geschütze, die bloss 20 km weit schiessen? Und noch heikler ist es, die Bedeutung von Faktoren wie der Disziplin oder der Qualität von Führern im Vergleich zu quantitativen Aussagen zu beurteilen. Denn Kampfmittel kommen ja im Rahmen von Verbänden zum Einsatz. Menschen setzen sie ein, und was diesen dabei zugetraut werden kann, ist nicht genau berechenbar. Vieles ist hier nur zu schätzen.

Zudem ist der Führer im Kampf nie vollumfänglich über die eigenen und gegnerischen Mittel im Bild, und auch das Wissen über die Umwelt kann Lücken aufweisen. Er kann darum nicht in Kenntnis aller Tatsachen entscheiden, sondern bloss aufgrund von Teileindrücken. Teileindrücke, deren Bedeutung nicht immer klar ist oder die ein zuwenig umfassendes Bild ergeben, um einen Entschluss fassen zu können. Der Führer muss sie deshalb durch Vermutungen ergänzen. Das verlangt beispielsweise, sich vorzustellen, wie der Gegner denken und handeln könnte und setzt überhaupt grosses Vorstellungsvermögen über den Verlauf von Gefechten voraus.

Der Führer hat im Kampf nicht selten auch zu gewichten, also gewissen Ereignissen mehr Bedeutung beizumessen als anderen. Nicht jeder bewertet die Luftlandung im Rücken eines Verbandes gleich. Einer hat die Auffassung, sie könne ihn am Erfüllen des Auftrages nachhaltiger hindern als der gleichzeitige gegnerische Angriff in der Front. Ein anderer Führer beurteilt den Angriff in der Front für das Erfüllen seines Auftrages als gefährlicher und entscheidet gerade umgekehrt. Beide Führer müssen gewichten, weil ihnen die Mittel fehlen, um gleichzeitig an zwei Stellen erfolgreich einzugreifen. Sie gewichten und entscheiden nicht gleich, weil die Auswirkungen einer Aktion in wesentlichen Bereichen nicht berechnet, sondern nur geschätzt oder vermutet werden können, also Ermessenssache sind.

Aber nicht genug, der Führer hat auch über das Risiko zu entscheiden, das er eingehen will. Denn wer nichts riskiert, dem bieten sich kaum genug Chancen den Gegner zu schlagen und das Gefecht zu gewinnen. Aber wieviel riskieren? Der eine Führer wagt in der gleichen Lage mehr als der andere. Er ist kühner und geht ein grösseres Risiko ein. Der Charakter beeinflusst seine Taktik.

Sich taktisch zu entscheiden, bedeutet somit: objektiv und subjektiv Bestimmbares zueinander in Beziehung bringen und mit einem gewissen Risiko verbinden.

Die Aufgabe ist schwierig und die Versuchung deshalb gross, Taktik berechenbar und zur Wissenschaft machen zu wollen. Das ist unmöglich: Qualität und Quantität der zu beurteilenden Elemente und ihre Bedeutung sind zuwenig genau bestimmbar. Aber ebenso offensichtlich ist, dass Überlegungen zur Taktik nur zu einem brauchbaren Resultat führen, wenn dabei der Anteil des Objektiven möglichst gross gehalten wird.
Joshua Lawrence Chamberlain
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Sonntag, 13. Februar 2011, 22:24

Ziel des Kampfes ist der Sieg

Nur der Sieg kann das Ziel des Kampfes sein. Kein anderes Ziel rechtfertigt den Kampf.

Der Führer muss also siegen wollen. Er braucht dazu Kraft: den

Willen zum Sieg.

Fehlt ihm dieser Wille, läuft er Gefahr, das Ziel aus den Augen zu verlieren und Kräfte einzusetzen, die nicht oder nur zufälligerweise zum Erfolg beitragen. Er handelt dann wie ein Schachspieler, dessen Züge wohl hie und da eine gegnerische Figur schlagen, aber nicht die wichtige. Seine einzelnen Handlungen sind nicht auf das Schachmatt, auf den Sieg ausgerichtet, weil ihn nichts antreibt, sein Denken und Handeln ständig diesem Ziel zu unterordnen.

Und noch aus einem anderen Grund ist der Wille zum Sieg erste und entscheidende Voraussetzung für den Erfolg im Kampf: Nur dieser Wille setzt im Führer jene Kräfte frei, die es braucht, um immer wieder neu herauszufinden, wie der Gegner besiegt werden könnte. Ohne diesen Willen zum Sieg wäre das taktische Denken des Führers ärmer an Ideen. Ärmer an Ideen, wie das Ziel möglichst rasch und geschickt erreicht werden könnte.

Zu siegen ist somit bei weitem nicht bloss eine Frage des Verstandes. Im Gegenteil: der Wille spielt die hervorragende Rolle. Er verhindert, das Ziel aus den Augen zu verlieren und mobilisiert den Verstand, um herauszufinden, wie es am besten erreicht werden kann. Auch in der Taktik gibt es den Siegertyp. Neben der Fähigkeit, systematisch und folgerichtig zu denken, charakterisiert ihn eine entscheidende Eigenschaft: die Willensstärke, die es braucht, um den anderen zu besiegen. Erfolgreiche Taktik ist somit nicht nur eine Frage des Wissens und Könnens, sondern ebensosehr ein Problem der Erziehung: der Erziehung zum Siegen-Wollen.

Es sind aber Verluste von Menschen und Material, die den Gegner zwingen, seine Absicht aufzugeben und zum Beispiel zu kapitulieren oder den Kampfraum endgültig zu verlassen. Ein Sieg ist somit durch die

Vernichtung des Gegners

anzustreben und der Kampf um den Sieg ist im Wesentlichen ein Kampf um die Feuerüberlegenheit. Vor Kampfbeginn steht somit auf taktischer Stufe nur eine Möglichkeit offen, wie der Gegner besiegt werden kann: durch seine teilweise oder im Extremfall vollständige Vernichtung. Dazu braucht es

Feuer.
Joshua Lawrence Chamberlain
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Sonntag, 13. Februar 2011, 22:25

Das Feuer

Wer das Endziel des taktischen Handelns erreichen will, muss den Gegner oder Teile davon mit Feuer vernichten. Damit stellt sich die Frage nach der Masse des Feuers: Wieviel Feuer braucht es, um den Gegner zu vernichten? Die Antwort setzt klare Vorstellungen über die Wirkung des Feuers voraus.

Nachstehend wird angenommen, dass zwei gegnerische Zugstützpunkte ALPHA und BRAVO, bestehend aus je drei Gruppenwiderstandsnestern 1-3 und 4-6, wovon jedes 4 Schützenlöchern von etwa 3 m2 Fläche enthält, mit zwei Artilleriebataillonen zu je 18 Geschützen vernichtet werden sollen. Weil die genaue Lage der beiden Stützpunkte nicht bekannt ist, muss das Feuer auf eine Fläche von 1.000 mal 200 m verteilt werden.


Beispiel 1

Die Mannschaft der beiden Stützpunkte befindet sich in überdeckten Feldbefestigungen. Wenn man annimmt, dass ein Schützenloch nur einen einzigen Treffer erhalten muss, damit seine Mannschaft ausfällt, braucht es zur totalen Vernichtung der beiden Stützpunkte

(1.000 m mal 200 m) durch 3 m2 = 66.666 Schuss!


Beispiel 2

Liegt die Mannschaft der beiden Stützpunkte im offenen und keine Deckungen aufweisenden Gelände und nimmt man an, dass eine Artilleriegranate in einer Kreisfläche von 20 m2 Durchmesser jeden Gegner ausser Gefecht setzt, dann braucht es für die Vernichtung der beiden Stützpunkte bloss

(1.000 m mal 200 m) durch 300 m2 = 666 Schuss!


Beispiel 3

Kann die Mannschaft der beiden Stützpunkte jedoch rasch in Deckung gehen, beispielsweise innerhalb von 10 Sekunden, dann kommt nur jene Munition zur Wirkung, welche die 2 Artilleriebataillone in diesen 10 Sekunden verschiessen können, also höchstens 100 Schuss. In diesem Fall werden von den beiden Stützpunkten bloss

(100 Schuss mal 100 %) durch 666 Schuss = 15 % vernichtet

Für die totale Vernichtung der beiden Stützpunkte würden nicht zwei, sondern etwa sechsmal mehr, nämlich 12 Artilleriebataillone benötigt!


Beispiel 4

Ist die Lage der etwa 200 mal 200 m grossenStützpunkte genau bekannt, dann braucht das Feuer der beiden Artilleriebataillone nicht auf eine Fläche von 1.000 mal 200 m verteilt zu werden. Es ist dann möglich, jedem Artilleriebataillon einen Stützpunkt als Ziel zuzuweisen. Damit wird das Feuer der beiden Artilleriebataillone nicht über 200.000 m2 verstreut, sondern liegt bloss auf einer Fläche von 200 m mal 200 m mal 2 = 80.000 m2. Im Beispiel 3 – der Gegner kann in 10 Sekunden in Deckung gehen – werden wegen der zweieinhalbmal grösseren Feuerkonzentration genau soviel mal mehr Gegner vernichtet, nämlich 37,5 %. Der Gegner ist in diesem Fall nicht total vernichtet, aber er ist das, was man in der militärischen Terminologie als „zerschlagen“ bezeichnet. Man darf annehmen, dass dieser so getroffene Gegner taktisch für längere Zeit ausfällt.
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Sonntag, 13. Februar 2011, 22:27

Folgerungen aus den vorstehenden Beispielen

Für den Verteidiger:

Der Angreifer ist wenn immer möglich aus Deckungen (Feldbefestigungen, Häusern) zu bekämpfen und im offenen, deckungslosen Gelände unter Feuer zu nehmen.


Für den Angreifer:

Taktisch sind wenn immer möglich die Voraussetzungen zu schaffen, um den Gegner in ungeschützter, ungedeckter Lage angreifen zu können. Gelingt das nicht, braucht es sehr hohe Feuerkonzentrationen, um erfolgreich anzugreifen.


Für Angreifer und Verteidiger:

Wer Gegner bekämpfen will, sollte dessen Lage möglichst genau kennen und ihn vernichten, bevor er in Deckung gehen kann. Dazu braucht es Aufklärung und Feuerkonzentration oder anstelle der Feuerkonzentration sehr präzise Munition.
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Sonntag, 13. Februar 2011, 22:28

Fall: Der Gegner verhält sich aktiv, schiesst zurück und bewegt sich

Beispiel 5

In vielen Fällen, beispielsweise auch im Panzergefecht, verhält sich der Gegner nicht passiv, sondern aktiv: wird er beschossen, geht er nicht in Deckung, sondern schiesst zurück.

Der Panzerverband CHARLIE ONE bekämpft den Panzerverband DELTA ONE. DELTA ONE nimmt den Kampf auf und erwidert das Feuer. Der Ausgang des Kampfes hängt dann – abgesehen vom Resultat des ersten Feuers des Verbandes CHARLIE ONE – unter anderem auch davon ab, wer rascher trifft. Die Trefferwahrscheinlichkeit wird aber auch von der Zielgrösse beeinflusst: je kleiner das Ziel, desto schwieriger ist es zu treffen.

Gelingt es beispielsweise dem Verband CHARLIE ONE, seine Panzer teilgedeckt schiessen zu lassen und auf diese Weise die Zielgrösse um die Hälfte zu verringern, braucht der Gegner DELTA ONE unter sonst gleichen Voraussetzungen doppelt soviel Munition wie der Verband CHARLIE ONE, um das gleiche Resultat zu erreichen.


Beispiel 6

Ist der gegnerische Verband DELTA ONE jedoch an Zahl so stark überlegen, dass der Kampf durch die Reduktion der Zielgrösse allein (Schiessen aus teilgedeckten Stellungen) nicht gewonnen werden kann, ist der Kampf durch den Verband CHARLIE ONE in einem Gelände aufzunehmen, das die Zahl der von DELTA ONE einzusetzenden Waffen reduziert.


Beispiel 7

Kann die Feuerüberlegenheit nicht durch das zweckmässige Ausnützen des Geländes erreicht werden, muss sie durch momentane örtliche Feuerkonzentration erzielt werden. CHARLIE ONE, CHARLIE TWO und CHARLIE THREE bekämpfen dann DELTA ONE.

Ob die Feuermittel dazu örtlich konzentriert werden müssen, hängt von ihren technischen Eigenschaften ab. Die Duellfähigkeit der eigenen Mittel bestimmt – wie die vorstehenden Beispiele zeigen – das Ausmass der Konzentration.


Beispiel 8

Muss der Gegner bekämpft werden, wenn er sich bewegt – beispielsweise angreifende Panzerverbände durch Panzerabwehrlenkwaffen – dann hängt das Resultat stark davon ab, wie lange dieser Panzergegner beschossen werden kann.

Gelingt es, durch ein natürliches oder künstliches Hindernis die Angriffsgeschwindigkeit des Gegners zu vermindern und die Zeit, während der er beschossen werden kann, von beispielsweise zwei auf vier Minuten zu erhöhen, kann doppelt soviel eigene Munition zur Wirkung gebracht werden!
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Sonntag, 13. Februar 2011, 22:30

Folgerungen aus diesen Beispielen

Die Beispiele 5 bis 8 ergänzen, was aus den Beispielen 1 bis 4 abgeleitet werden konnte. Vor allem aber betonen sie die Bedeutung des Geländes im Feuerkampf als Variable: Angreifer und Verteidiger wählen wenn immer möglich ein Gelände, das für den eigenen Feuerkampf möglichst günstige und für jenen des Gegners möglichst schlechte Voraussetzungen schafft.

Grundsätzlich erzielt im Kampf zweier qualitativ und quantitativ gleichwertiger Gegner jener die Feuerüberlegenheit, der die Lage des Gegners rascher aufklärt und das Gelände für den Einsatz der eigenen Mittel besser ausnützt. Anders formuliert: Die verhältnismässig kleinen Verbände wie Panzerkompanien, die den Gegner mit Feuer zu vernichten haben, können das nur erfolgreich tun, wenn sie sich gegenüber dem Gegner in einer vorteilhaften Lage befinden, weil sie beispielsweise ein kleineres Ziel bieten, den Gegner überraschen oder ihn in einer vollständig ungedeckten Lage beschiessen können.

Es ist die Aufgabe der übergeordneten, grösseren Verbände, durch geschickte Wahl des Kampfgeländes günstige Voraussetzungen für den Feuerkampf der unteren Stufen zu schaffen. Und es ist auch an ihnen, die Feuerüberlegenheit zu erzielen, indem sie entsprechend viel Kräfte konzentrieren oder den Kampf dort aufnehmen, wo der Gegner an Zahl unterlegen ist. Vereinfacht ausgedrückt: In der Verteidigung in Engpässen und im Angriff an den Schwachstellen des Gegners.
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Sonntag, 13. Februar 2011, 22:31

Der taktische Zweck des Feuers

Mit dem Feuer will man den Gegner in erster Linie vernichten oder in Deckung zwingen.

Vernichten darf allerdings nicht – wie in den vorstehenden Beispielen angenommen – absolut verstanden werden. Um taktisch zu vernichten, braucht es nicht die totale physische Vernichtung des Gegners. Es genügt, ihm soviel Verluste beizubringen, dass er sein Kampfziel nicht erreichen kann, also beispielsweise den Angriff abbricht oder eine Verteidigungsstellung aufgibt. Wieviel Verluste es dazu braucht, hängt vom Kampfwillen des Gegners ab. Aber man geht aufgrund von Erfahrungen kaum fehl in der Annahme, dass 30 bis 40 Prozent Verluste mit grosser Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass ein Führer seine Absicht aufgibt.

Nicht immer will man den Gegner vernichten. Häufig geht es bloss darum, ihn in Deckung zu zwingen, damit er nicht schiessen kann. Das Feuer soll dann nicht vernichten, sondern bloss niederhalten: beispielsweise Gegner im Angriffsziel, um den eigenen Truppen den Einbruch zu erleichtern, oder Gelände in der Flanke eigener angreifender Verbände. Auch hier muss die Frage, welche Verluste zur beabsichtigten gegnerischen Reaktion führen, vor dem Schiessen beantwortet werden. Aber der eine Gegner geht dann vielleicht in Deckung, wenn er 10 Prozent Verluste erlitten hat; ein anderer jedoch erst, wenn er wirkungsvoller beschossen wird. Sicher ist eigentlich nur, dass der Gegner solange beschossen werden muss, wie er am Schiessen gehindert werden soll; die Feuerdichte jedoch hängt vom Kampfwillen des Gegners ab.

Es gibt auch noch andere taktische Feuerzwecke als bloss Vernichten oder Niederhalten. Aber der Wert all dieser Begriffe ist relativ; erst wenn sich die beabsichtigte Reaktion beim Gegner einstellt, ist der Zweck erreicht.

Das Feuer spielt in der Taktik zweifellos eine hervorragende Rolle. Wer diese Rolle nicht erkennt, geht neben dem Kernproblem vorbei:

Das Handeln des Gegners ist in erster Linie mit dem Feuer zu beeinflussen.

Überlegungen zum Feuerkampf gehen deshalb von der technischen Leistung der eigenen Feuermittel, also vor allem von ihrer Reichweite, ihrer Präzision und ihrer Wirkung im Ziel je Zeiteinheit aus.

Diese technische Leistung erlaubt zu ermitteln, gegen welchen Gegner überhaupt ein Einsatz in Frage kommt. Und für erdgebundene Mittel geht es dann darum, sie im Gelände so einzusetzen, dass die notwendige Feuerüberlegenheit und damit der angestrebte taktische Zweck innert nützlicher Frist erreicht werden kann.
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Sonntag, 13. Februar 2011, 22:33

Die Bewegung

Wenn die Reichweite der Feuermittel kleiner als ihre Distanz zum Gegner oder dieser für direkt schiessende Waffen nicht einsehbar ist, müssen sich die Kampfmittel oder Verbände verschieben, bevor sie den Feuerkampf aufnehmen können. Für Waffensysteme wie weitreichende Raketen trifft diese Forderung nicht zu. Ihr taktischer Vorteil besteht gerade darin, dass sie in einen grossen Raum wirken können, ohne sich verschieben zu müssen. Aber für die meisten Kampfmittel und Verbände gilt, dass sie sich im Kampf häufig bewegen müssen, um das Feuer an den Gegner heranzutragen oder sich der gegnerischen Feuerwirkung zu entziehen.

Solche Bewegungen sind vom Gegner möglichst unbemerkt durchzuführen, damit sie nicht durch Feuer gestört oder sogar unterbunden werden können. Je langsamer sie ablaufen, um so wichtiger wird ihre Tarnung und das Ausnützen schlechter Sichtverhältnisse. Allerdings setzen vor allem die Grösse der zu bewegenden Verbände und gegnerische Aufklärungsmittel solchen Bestrebungen enge Grenzen. Sehr häufig muss von vornherein damit gerechnet werden, dass der Gegner die Bewegung bemerkt und mit schnellen Kampfmitteln wie Kampfhubschraubern, der Luftwaffe, der Artillerie oder mechanisierten Verbänden den Kampf aufnimmt. Damit stellt sich das Problem, Bewegungen nicht bloss passiv, sondern auch aktiv zu schützen, zum Beispiel durch die Fliegerabwehr, die Luftwaffe oder die Artillerie.

An und für sich lässt sich diese Aufgabe lösen, wenn gegnerische Verbände, welche die Bewegung rasch und nachhaltig bekämpfen könnten, vor der Bewegung ausgeschaltet werden. Das setzt jedoch voraus, die Lage dieses Gegners zu kennen und Mittel zu besitzen, um ihn mehr oder weniger auf einen Schlag zerschlagen zu können. Treffen diese Voraussetzungen zu und gelingt die Aktion, kann die nachfolgende Bewegung rascher und rücksichtsloser durchgeführt werden als unter ständiger Bedrohung gegnerischer Einwirkung.

Muss jedoch damit gerechnet werden, dass der Gegner eigene Bewegungen bekämpfen kann, sind sie in einem Gelände durchzuführen, das neben der technischen Beweglichkeit der Verbände vor allem der Wirkung und Reichweite ihrer Waffen angemessen ist. Infanterie beispielsweise muss sich in sehr kleinkammerigem Gelände bewegen, wogegen Panzerverbände sich gegenseitig auf 1-2 Kilometer unterstützen und deshalb offeneres Gelände benützen können. Diese Bewegungen sind aber nicht nur in günstiges Gelände zu legen, sondern müssen auch so geplant werden, dass sie jederzeit gegen Gegner aus der Luft und am Boden geschützt und unterstützt werden können.

Feuer und Bewegung sind somit zu koordinieren, was den Führer vor anspruchsvolle Probleme stellt und nicht selten viel Zeit braucht. Auf taktischer Stufe ist dieses Vorgehen der Normalfall, weil es nur sehr selten gelingt, einen Gegner vor Beginn einer Bewegung so stark zu schwächen, dass er handlungsunfähig wird.

Bewegungen sind Mittel zum Zweck, sehr häufig, um den Gegner nachher mit Feuer bekämpfen zu können. Es kann deshalb keine Rede davon sein, das eine als wichtiger zu bezeichnen als das andere. Denkbar ist jedoch, dass je nach Lage das Feuer oder die Bewegung für den momentanen Erfolg entscheidend ist und deshalb in der Führung Vorrang hat. Ist es die Bewegung, dann sollte sie vom Gegner unbemerkt durchgeführt werden. Wenn das unmöglich ist, muss das Risiko gegnerischer Einwirkung möglichst klein gehalten werden.

Die Bewegung ist in ein für den Einsatz der eigenen Mittel günstiges Gelände zu legen, soll möglichst schnell verlaufen und ist mit dem Feuer zu koordinieren.
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Sonntag, 13. Februar 2011, 22:39

Damit ist die zweite Vorlesung des United States War College abgeschlossen. Thema war Feuer und Bewegung. Wir merken uns: Das Feuer beherrscht das Gefechtsfeld. Taktisch ideal ist weitreichendes und präzises Feuer mit starker Wirkungskraft. Bewegung ist Mittel zum Zweck, um den Gegner in die Reichweite unseres Feuers zu bringen.
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