Your Honor!
Die verfassungsrechtliche Tradition der Vereinigten Staaten ist vom steten Bemühen um ein empfindliches Gleichgewicht zwischen Legislative und Exekutive geprägt.
Dabei war auch den Schöpfern der geltenden
Amada Constitution stets bewusst, dass die Legislative der im System einer rigiden Gewaltenteilung gegenüber der Exekutive deutlich schwächere Teil ist. Diese bestimmt zwar, welches Handeln legal ist, wie sie diese Bestimmungen auslegt und praktisch anwendet, unterliegt jedoch allein dem Ermessen der Exekutive. Ultimativ ist es diese, die allein wirkliche Staats
gewalt ausübt, also tatsächlich beeinflussend auf die dem Recht der Vereinigten Staaten unterliegenden Rechtssubjekte einwirken kann. Sowohl die Legislative als auch die Judikate als dritte Staatsgewalt sind in der realen Wirksamkeit ihres Handelns auf die Loyalität der Exekutive angewiesen, die deren Gesetzesbeschlüsse bzw. gerichtliche Entscheidungen umsetzt.
Nicht umsonst durchbricht die Verfassung also an mehreren Stellen die prinzipielle Separation der Gewalten zu Gunsten einer Einflussnahme der Legislative auf die Exekutive. Denn der Legislative nutzt ihr Recht, Recht zu setzen, gar nichts, wenn sie keinen wirksamen Einfluss darauf nehmen kann, dass und wie die von ihr beschlossenen Gesetze von der Exekutive ausgeführt werden.
Dreh- und Angelpunkt der Klage des Präsidenten der Vereinigten Staaten ist die in Art. IV, Sec. 5, der Verfassung enthaltene Bestimmung:
"Der Präsident soll frei über die Organisation aller Zweige der Staatsverwaltung des Bundes entscheiden".
Gestützt auf diese Bestimmung beantragt der Präsident im Klagewege, praktisch sämtliche Bestimmungen des Bundesrechts betreffend die Bundesverwaltung als nicht verfassungsgemäß aufzuheben.
Dabei überdehnt er den Inhalt dieser Bestimmung erkennbar maßlos. So verkennt er, dass in dieser allein von der
Organisation aller Zweige der Staatsverwaltung des Bundes die Rede ist. Nicht jedoch von ihrem
Verfahren, welches ebenfalls in den als nicht verfassungskonfrom angegriffenen Gesetzen geregelt wird.
Die Verfassung übertragt dem Präsidenten also die Entscheidungsfreiheit zwar über die Organisation der Bundesverwaltung, doch ist auch diese Bestimmung im Lichte der Grundentscheidung der Verfassung für die Herrschaft nicht der Regierung, sondern des
Rechts auszulegen.
Einem gegenüber dem Volk der Vereinigten Staaten und seiner gesetzgebenden Vertretung, dem Kongress, unlautere Absichten verfolgenden Präsidenten - dies ist kein Bezug auf eine kürzlich geführte politische Diskussion über die Amtszeit des amtierenden Präsidenten, sondern referenziert die Geschichte der Vereinigten Staaten und ihrer Verfassung, die von der Furcht vor der Errichtung einer Monarchie bzw. Tyrannis durchzogen wird - wäre es ein leichtes, die Herrschaft des vom Kongress gesetzen Rechts durch eine geschickte Organisation der Bundesverwaltung zu unterminieren.
Die effektive Durchführung jedes vom Kongress beschlossenen und dem Präsidenten missliebigen Gesetzes ließe sich durch eine entsprechend zersplitterte Zuweisung ausführender Zuständigkeiten leicht verhindern. Der jedem Gesetz naturgemäß innewohnende Handlungsspielraum in seiner Ausführung ließe sich durch die Verteilung auf die Schultern nur ausreichend vieler Behörden mit nur ausreichend vielen handelnden Beamten bis an die Grenzen der Unendlichkeit überdehnen. Zugleich würde jede Verantwortlichkeit für Ermessensfehlgebräuche oder schlichte Rechtsbrüche bis zur Unmöglichkeit eines wirksamen Nachvollziehens verschleiern.
Im Ergebnis wäre der Kongress jeder effektiven Kontrolle, ob und wie das von ihm gesetzte Recht getreulich ausgeführt wird, beraubt. Gesetze würden zu hohlen Programmsätzen, was von diesen in der Wirklichkeit administrativen Handelns ankäme, unterläge der völligen Willkür des Präsidenten.
Eine weitere, der Kontrolle der naturgemäß stärker gestellten Exekutive durch die Legislative zu dienen bestimmte Verfassungsbestimmung lässt der Präsident in seiner Klage ebenfalls außer Acht: das Budgetrecht des Kongresses.
Jedwede Behören und Ämter, die der Präsident unter Berufung auf seine Organisationsfreiheit der Bundesverwaltung schafft, kosten Geld. Geld, dass der Kongress der Bundesregierung zu bewilligen hat.
Dachte man die Argumentation des Präsidenten zu Ende, wäre der Kongress verpflichtet, diesem jedwede Mittel zu bewilligen, die er zur Unterhaltung des von ihm geschaffenen Behördenapparates benötigt. In letzter Konsequenz könnte der Präsident gegenüber dem Kongress sogar gerichtlich die finanziellen Mittel für ein von ihm gewünschtes Amt oder Behörde einklagen!
Denn indem der über das Haushaltsrecht verfügende Kongress dem Präsidenten beantragte Mittel für ein von ihm geschaffenes Amt oder Behörde oder eine bestimmte Organisationsstruktur oder -zweig verweigert, greift er ja wiederum in dessen Organisationsfreiheit der Bundesverwaltung ein.
Puzzelt man diese Überlegungen einmal aneinander, ergibt sich folgendes Bild: der Kongress wäre gezwungen, Steuern zu erhöhen oder neue Steuern einzuführen, um vielleicht "nur" Patronage und Nepotismus den Präsidenten zu fördern, im schlimmsten Fall die mutmaßliche Verschleppung oder Verhinderung einer getreulichen Ausführung der von ihm beschlossenen Gesetze zu finanzieren!
Damit wären wir wieder in einem solchen Staat angekommen, gegen den die Gründer unserer Nation einst erfolgreich revolutioniert und von dem sie sich losgesagt haben.
Spätestens das vom Präsidenten in diesem Verfahren auch gar nicht angegriffene Budgetrecht des Kongresses löst seinen Irrtum auf: indem der Kongress per Gesetz Ämter und Behörden errichtet und deren Organisationsstruktur bestimmt, verpflichtet er sich allenfalls selbst, diese auch mit den für ihre Arbeit entsprechend dem sie errichtenden Gesetz notwendigen Haushaltsmitteln auszustatten.
Dem Präsidenten mag es nach dem Wortlaut der Verfassung unbenommen bleiben, sie zu reorganisieren, und/oder weitere Ämter und Behörden zu schaffen. Nur, deren
Finanzierung hängt wiederum von der Zustimmung des Kongresses ab.
An dessen Billigung seines Handelns in der Organisation der Bundesverwaltung kommt der Präsident in der Praxis nicht vorbei.
Welchen Sinn ergäbe es also, die vom Präsidenten seiner Klage zu Grunde gelegte Vorschrift dahingehend auszulegen, dass die von ihm angegriffenen Gesetze oder Gesetzespassagen ihn in seinem Recht auf freie Bestimmung über die Organisation der Bundesverwaltung verletzten?
Die entsprechenden Gesetze und Gesetzespassagen wären aufzuheben. Ohne die Zustimmung des Kongresses könnte der Präsident aber immer noch nicht über die Organisation der Bundesverwaltung verfügen. Denn ohne seine Billigung sähe er keinen Cent, um die von ihm in freier Entscheidung geschaffenen Strukturen gegen den Willen des Kongresses zu unterhalten.
Dazu bedürfte es noch der gerichtlichen Feststellung, der Kongress sei in seinem Budgetrecht dahingehend eingeschränkt, dem Präsidenten jedweden Posten zu bewilligen, den er unter Berufung auf sein Recht zur freien Organisation der Bundesverwaltung geltend macht.
Mit dieser Feststellung wiederum würde das eherne Prinzip jedes demokratischen Staates der Welt - das Parlament bestimmt über die Steuern und die Verwendung der aus diesen eingenommenen Mittel, nicht die Regierung! - ausgehebelt. Der Kongress würde zu einem bloßen Feigenblatt der Regierung, die sich von den Bürgern nimmt, was sie für ihre Zwecke haben will.
Eine Auslegung der Organisationsfreiheit des Präsidenten über die Bundesverwaltung im Lichte der Prinzipien, grundsätzlichen Entscheidungen und Kontrollmechanismen der Verfassung ergibt zweifelsfrei die Verfassungskonformität der vom Präsidenten in diesem Verfahren angegriffenen Gesetze.
Diese drücken nur eine Aussage des Kongresses darüber aus, welche Organisationsstrukturen er für die Durchführung der von ihm geschaffenen Gesetze für zweckmäßig und angemessen hält und somit zu finanzieren bereit ist.
Einen Schrägstrich vergessen - und das hat gleich den halben Text unlesbar gemacht...