Ich begrenze mich angesichts der Uhrzeit mal auf eine Dokumenten-Kritik.
Machen wir es also der Reihe nach:
Ad I: Der Gründungsvertrag
Der Grundungsvertrag ist relativ lang, an vielen Stellen klingt er gut, sagt aber nichts. Zu den vorrangigen Kritkpunkten:
1) Punkt 4 ist für mich komplett indiskutabel. Man kann ein provisorisches Direktorium bestimmen, dass danach Wahlen einleitet. Aber bereits in der Konferenz das Fell des Bären verteilen, bevor der erlegt ist, kommt außer Frage. Das sähe dann doch arg danach aus, als wollten einige Leute sich hier gleich mal mit einigen Pöstchen versorgen - was dann der denkbar schlechteste Einstieg für eine neue Kartenorganisation wäre. Außerdem könnte man hier nur eine Einheitsliste, bei der Amtsträger für bis zu 15 Monaten (mehr dazu später) festgelegt werden, wählen. Der Punkt ist nicht hinnehmbar.
2) Punkt 5 hat auch mehr als einen netten Haken.
- Nach Punkt 5.1 ist einem Staat, der sich jetzt an der Gründung der CartA beteiligt und großmächtig aufgrund verschiedenster Knebel-Klauseln sämtliche anderen Kartenorgas auflöst, nicht mal sicher, dass er auf die Karte kommt. Diese Klausel kann ja wohl nicht mehr als ein sehr schlechter Witz sein. Da setzt sich ein Staat für die Kartengründung ein und steht im worst case ohne Kartenplatz da.
- 5.2 gefällt mir von der Formulierung nicht. Ich weiß, das ist keine inhaltliche Kritik, aber diese Formulierung sollte man nochmal überdenken.
- 5.3 ist für uns schlicht und ergreifend nicht machbar. Ein Vertrag wird in Astor nunmal erst geschlossen und danach ratifiziert und umgekehrt ist da nichts zu machen Punkt.
Ad II: Das Regelwerk
Im Gegensatz zum Gründungsvertrag ist das Regelwerk noch viel länger. Es krankt in meinen Augen schon nach dem ersten Durchlesen an einer Vielzahl von Punkten, deswegen verzichte ich jetzt erstmal auf eine enummerative Aufzählung aller Punkte sondern werde grundsätzliche Sachen anmerken und punktuell Sachen ansprechen, die mir noch wichtig sind.
1) Mein erster, funamentaler Punkt: Dieses Dokument ist sehr lang. Das ist prinzipiell negativ, manchmal aber eben notwendig. In diesem Falle ist es möglicherweise notwendig. In jedem Falle ist das Regelwerk aber noch dazu ziemlich chaotisch aufgebaut und entbehrt in seinen Strukturen einer für mich nachvollziehbaren inneren Logik. Das erschwert das Arbeiten damit wesentlich und trägt nicht viel zur "Nutzerfreundlichkeit" bei. In jedem Falle sollte das Ding nochmal gründlich durchgearbeitet, neu sortiert und strukturiert sowie ausgemistet werden, es gibt einfach genug Punkte, die in dem Regelwerk nichts verloren haben und ausgemistet werden können. Insbesonderen sollten die Kompetenzen der einzelnen Gremien - auch auf die Gefahr hin, damit dopplungen zu schaffen - in eindeutlich erkennbaren Aufreihungen gesammelt werden, damit man ohne weiteres rausfinden kann, wer was macht. So verschleiert das nur einige der Probleme dieses Regelwerks.
2) Grundsätzlich halte die Kompetenzverteilung zwischen den Organen für ziemlich unausgewogen.
- Das Direktorium hat zu viele Kompetenzen, gerade in den Veto-Fragen und Entscheidungen, die die Karte betreffen, sollte man hier zugunsten des Kuratoriums schieben. In manchen anderen Dingen wäre es gut, Entscheidungen des Direktoriums durch das Kuratorium oder die Vollversammlung als Appellationsinstanz überprüfen zu lassen und dadurch quasi ein Korrekiv zu schaffen.
- Ebenfalls würde ich Kompetenzen in grundsätzlichen Entscheidungen vom Verfassungsgericht - dessen Name ich grundsätzlich ablehne - auf die Vollversammlung übertragen. Wir haben es hier mal wieder mit dem Konstrukt einer internationalen Organisation zu tun, wenn man eine demokratische Rückbindung will, muss man die in Grundsatzfragen angehen.
3) Zu §7 (1), also der Wahl der Direktoriumsmitglieder, hier finde ich die Unterscheidung zwischen den drei Direktoren und den Gutachtern für deplaziert, die durch die Kurzzeitwahl von zwei Monaten und das begrenzte Stimmrecht in §5 IV Satz 2 zu Direktoriumsmitgliedern zweiter Klasse gemacht werden. Der Sinn dieser Aktion erschließt sich mir noch nicht so ganz.
4) Zur Wahl der "Verfassungsrichter": Die Wahlperiode von 15 Monten ist absolut utopisch. In den MNs sind Wahlperioden von 9 Monaten schon ne ganz schön lange Zeit, 15 Monate entbehren dann wirkich jeglicher Verbindung zur Realität. Auch die Einschränkungen der Wählbarkeit für die Richter sind meiner Meinung nach ziemlich heftig.
5) Zum Ende meiner Kurzkritik möchte ich noch einen recht heiklen Punkt ansprechen: Das Vetorecht. Das hat ja eine sehr wechselhafte Geschichte und ist mit in der vorliegenden Form definitiv zu absolut. Es wurde nicht umsonst bei der GF durch eine unverbindliche Stellungnahme ersetzt, ich plädiere als entschiedener Gegner des Vetos auch hier stark dafür, das Veto deutlich in seinen Auswirkungen einzuschränken und seiner Absolutheit zu berauben. Denn auch wenn ein politisch oder persönlich motiviertes Veto verboten ist - in der Ausgestaltung lässt sich oft genug irgendwas finden, weswegen man ein Veto ganz zufällig doch einlegen kann.
Fazit zur Kurzkritik
Damit hätte ich eine erste, teilweise nur oberflächliche (!!!) Kritik beendet. Und wie gesagt, beim Regelwerk habe ich mich auf eine grundsätzliche und punktuelle Kritik beschränkt. Um das Ding von oben nach unten durchzuforsten, bräuchte ich mehr Zeit als ich angesichts der Uhrzeit noch habe, außerdem halte ich es angesichts des Diskussionsstandes und der grundsätzlichen Kritikpunkte (noch) nicht für Opportun, mir diese Arbeit zu machen.
Zum Grundsatzproblem der Überbürokratisierung
Ich sehe ein grundsätzliches Problem im Ansatz der CartA-Dokumente, alles durch penibelste Regelungen durchbürokratisieren zu wollen. Die GF hat uns meiner Meinung nach eines gezeigt: Es geht auch mit einer schlanken und effektiven Entscheidungsstruktur ohne durchformalisierte Anträge. Sicherlich ist ein Mindestmaß an Bürokratie notwendig, aber wohin zu viel Bürokratie führen kann, haben wir bei der OIK erlebt. Bürokratie mag manchen bei der Gründung dieser Organisation als Allheilmittel erscheinen. Das ist es nicht, wie man am grandiosen Scheitern der OIK feststellen kann. Das Argument, dass die CartA aber ganz anders wäre, zählt nicht - bei der OIK war es auch anders geplant, als es sich dann im Laufe der Zeit entwickelt hat. Das Ziel muss sein, ein möglichst solides, sich selbst stabilisierendes System zu schaffen, dass auch ohne die Gründergeneration noch vernünftig funktionalisiert. Die Erfahrung zeigt, dass es nach deren Ausscheiden oder Kontrollverlust, wie die Beobachtung zeigt, jede Kartenorganisation - mal langsam, mal schneller - zerlegt hat.
Dass es mit zu viel Bürokratie nicht geht, haben die Herren Goldmann und Tacitus dort sehr eindeutig gezeigt, die nämlich sehr deutlich demonstriert haben, wo es hinführt, wenn man eine übertriebene, aber gut gemeinte und eigentlich als Mittel zum Zweck dienende Bürokratie zum Selbstzweck macht und für seine Zwecke instrumentalisiert.
Das Ergenis
Genug gelabert, kommen wir zum Ergebnis und zur gestellten Grundsatzfrage, die ich jetzt im Hinblick auf die Kritik an den Dokumenten und meine Takte zur Überbürokratisierung beantworten will: Sind die angesprochenen Kritikpunkte es wert, die CartA scheitern zu lassen, oder nicht?
Mein persönliches Ergebnis: Die Kritikpunkte sind es nicht nur wert, sie verpflichten sogar dazu, Vertrag und Grundordnung gemäß dem aktuellen, hier vorliegenden Entwurf komplett und in aller Form abzuschmettern.
Das ist natürlich nur der aktuelle Zwischenstand der Diskussion. Natürlich kann (und wird, hoffe ich) sich an den Dokumenten noch einiges ändern, und wenn sich noch einiges ändert und man auch nochmal bei die Bürokratiefrage grundsätzlich hinterfragt, sehe ich gute Chancen. Derzeit sehe ich die definitiv nicht.
Uns jetzt wünsche ich eine gute Nacht.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Ulysses S. Finnegan jr.« (22. Juli 2008, 01:52)