Zu Jameson ein Wort: LOL. Wie gut Europa mit einem rechtsgerichteten Republikaner an Amerikas Spitze funktioniert, haben die erfolglosen Jahre 2001 bis 2008 gezeigt. Europas Problem ist nicht Amerika, es sind die Europäer und ihre Spitzenpolitiker. Cameron hat keine eigene Machtbasis, Zapatero ist faktisch raus, Berlusconi hat seinen Bogen überspannt, Sarkozy kämpft ums politische Überleben, Belgien hat nach 300 Tagen immer noch keine Regierung, ist CEE-Staaten haben immer noch keinen gemeinsamen Sprecher gefunden und Merkel merkelt.
Ich nehme an, dass dir Verteidigung ein Herzensthema ist. Solange die Amerikaner faktisch die europäische Verteidigung und Offensivfähigkeit gewährleisten (siehe Libyen), fehlt den Europäern der Zwang zu einer gemeinsamen Verteidigungspolitik und ohne Zwang geht es nicht. Ein republikanischer Präsident würde an dieser Situation nichts ändern.
Welche Vorteile erst sonst praktisch haben sollte, sehe ich nicht. Auf keinem globalen Politikfeld ist die EU sonderlich relevant, was demographische und ökonomische Trends auch künftig so belassen werden. Einen Pro-Europa-Trend, den Europas Einigung zuvorderst braucht, wird es nicht geben (siehe anstehende Wahlen in Schweden, Dänemark, Finnland, den Niederlanden und Frankreich).
Jetzt zu den Republikanern: McCain ist raus. Für die Tea Party ist er nicht radikal genug und das Establishment verzeiht ihm nicht, dass er ihnen Sarah Palin aufgehalst hat.
Derzeit sind folgende potenzielle Kandidaten relevant (Auflistung ohne besondere Präferenz):
Mike Huckabee
Ehemaliger Gouverneur von Arkansas und einstiger evangelikaler Prediger. Sympathisch, dem Establishment suspekt und größter Favorit für die erste Vorwahl in Iowa, die er 2008 deutlich gewonnen hat. Hat derzeit eine eigene Show auf Fox News und macht damit Millionen. Viele rechnen damit, dass er dabei bleibt, weil er bisher keine wirklichen Schritte zum Aufbau eines Wahlkampfteams unternommen hat. Könnte in Iowa aber wohl von 0 auf 100 durchstarten und will erst im Sommer entscheiden.
Mitt Romney
Ehemaliger Gouverneur von Massachusetts, Mormone und erfolgreicher Gesundheitsreformer, was gleich drei seiner potenziellen Schwächen in einer republikanischen Vorwahl beschreibt. Dennoch haushoher Favorit, vor allem wegen seiner Fundraising-Fähigkeiten und "weil er jetzt irgendwie dran wäre" (historisch gesehen vergeben die Republikaner ihre Nominierung erst nach mehreren Versuchen, siehe Reagan, Bush sr., Dole, McCain). Hat in Massachusetts eine Gesundheitsreform auf den Weg gebracht, die (zu) viele Ähnlichkeiten mit ObamaCare hat, und weiß nicht, wie er das Problem aus der Welt schafft. Hat als Mormone extreme Probleme mit dem evangelikalen Flügel (aka Iowa), sein Geld dürfte ihm aber auch dieses Mal wieder in New Hampshire helfen. Kandidat des Establishments.
Sarah Palin
Ehemalige Gouverneurin von Alaska (Rücktritt nach zwei Jahren) und 2008er VP-Kandidatin. Außerdem republikanische Feuerbraut mit riesigem Appeal für die Parteibasis. Ich glaube nicht, dass sie kandidiert. Sie hat ein Haus am See in Alaska, ein eigenes TV-Studio im besagten Haus und kann durch eine Kandidatur, die sie nicht gewinnen wird, nur verlieren. Erkennt langsam, dass ihre Twitter- und Facebook-Strategie nicht wirklich hilft. War dem republikanischen Establishment hilfreich, die Midterms 2010 zu gewinnen, aber es wird sich hinter jeden einreihen, der sie verhindern kann, falls sie kandidiert.
Tim Pawlenty
Gouverneur von Minnesota, einem "lila" Staat, der offenbar Independents überzeugen kann. Grundsätzlich solide und einziger Kandidat, der ein offizielles "Erkundungskommittee" gebildet hat, um seine Chancen auszuloten und Spenden zu sammeln. Ihm fehlt das gewisse Etwas, was er mit bombastischen Videoproduktionen zu kaschieren sucht, aber das wird ihm in den TV-Debatten auch nicht helfen. Bemüht sich zwanghaft, möglichst konservativer zu erscheinen. Größter Nachteil: Er hat einst Cap-and-Trade-Gesetzgebung unterstützt, die einen Emmissionshandel analog zum europäischen Modell aufbauen würde.
Newt Gingrich
Ehemaliger Speaker of the House und der Intellektuelle im Feld. Ich weiß gar nicht, wo ich mit den Nachteilen anfangen soll. Drei Mal verheiratet, was für die evangelikalen eigentlich ein No-go ist. Über seine erste Scheidung sprach er mit seiner damaligen Frau, während sie im Krankenhaus war und wegen Krebs behandelt wurde. Seine zweite Frau betrog er, während er das Impeachment-Verfahren gegen Bill Clinton vorantrieb. Seine dritte Frau ist die, mit der er seine zweite betrogen hat. Gilt zwar als kreativer Denker, aber auch als Chaot, der nicht genug Disziplin für den Wahlkampf oder das Präsidentenamt hat (seine Position zu Libyen ist ein running joke, weil er praktisch jede Woche eine neue hat). Kann jedoch auf ein beeindruckendes Business-Imperium mit eigener Filmproduktionsfirma zurückgreifen und ist ein erfolgreicher Autor und Redner, der beim Fundraising mithalten können sollte.
Mitch Daniels
Gouverneur von Indiana und inhaltlicher Vorläufer vieler Amtsinhaber der Tea-Party-Bewegung. Sieht überhaupt nicht präsidial aus, aber vielleicht ist das nicht so wichtig, wie man immer denkt. Hat seinen potenziellen Support bei den Erzrechten damit zunicht gemacht, dass er einen "Waffenstillstand" für soziale Themen - Abtreibung, Gay Marriage etc. - gefordert hat, damit das Land sich auf die Wirtschaft konzentrieren kann. Es ist bekannt, dass seine Familie eigentlich dagegen ist, dass er kandidiert. Ansonsten ein solider Kandidat, über den ich aber noch nicht genug weiß, um seine Chancen einschätzen zu können.
Haley Barbour
Gouverneur von Mississippi und mein absoluter Favorit im Feld, weil er ein Republikaner wie aus dem Buche ist. Ein dicker, weißer Mann, der einst erfolgreich das RNC geleitet hat und danach einer der erfolgreichen Lobbyisten in Washingtons Geschichte war. Hat sich selbst ziemlichen Schaden zugefügt, als er die Civil-Rights-Ära seiner Heimatstadt geschönt hat (die Weißen haben dort friedlich gegen die Schwarzen gekämpft, aber mit Toleranz hatte das nichts zu tun) und sich an seine Teilnahme an einer Martin-Luther-King-Jr.-Rede erinnere, die es offenbar nicht gab. Ein sympathisch wirkender Mann, der allerdings die Steuern während seiner Governorship erhöht hat, was ihn Stimmen kosten könnte. In Mississippi (zwei Drittel der Bevölkerung mit Übergewicht) stößt sein Umfang wohl nicht auf Vorbehalte, aber neben dem präsidial wirkenden Romney oder dem zierlichen Pawlenty würde er auf einer TV-Bühne meines Erachtens zu gewichtig wirken, um das Rennen zu gewinnen.
Der Libertäre Ron Paul (Repräsentantenhaus) oder sein Sohn Rand (Senat) werden antreten, aber beide bringen unterschiedliches Potenzial mit, deswegen warte ich noch ab. Senator Marco Rubio aus Florida gilt eher als attraktiver Kandidat für 2016 und hat eine Kandidatur ausgeschlossen, aber das tat ein gewisser Senator Barack Obama auch, ohne dass es ihm geschadet hat. Governor Chris Christie ist ein dicker, kämpferischer Typ aus New Jersey, der seine Haushaltssanierung dazu nutzt, die Tea-Party-Bewegung hinter sich zu bringen, aber er hat eine Kandidatur nachdrücklich ausgeschlossen ("Was außer Selbstmord kann ich machen, damit die Presse mir glaubt, dass ich nicht kandidiere?"). Gary Johnson, ehemaliger Gouverneur von New Mexico und Libertärer, tritt auch an, gilt aber - schon wegen seiner positiven Haltung zur Legalisierung bestimmter Drogen - als chancenlos. Jeb Bush, Sohn von George H.W. und Sohn von George W. und ehemaliger, erfolgreicher Gouverneur von Florida, ist der Wunschkandidat des Establishments, aber er ziert und ziert sich so sehr, dass ich ihm seine Dementis abkaufe.