Mr. Senator,
rein philosophisch betrachtet könnte ich mich der Überzeugung des ehrenwerten Former Justice Sandoval eigentlich nur anschließen. Rein praktisch betrachtet erachte ich das Prinzip, den Supreme Court ausschließlich mit Haupt-IDs zu besetzten, jedoch für nicht realisierbar. Maßgeblich auch deshalb nicht, weil ich die Besetzung des Supreme Court als Kollegialgericht für ebenfalls wichtig, und im Zweifel sogar für wichtiger halte, als dessen Besetzung mit Haupt-IDs.
Auch wenn die Zulassung von Neben-IDs zu höchsten Verfassungsämtern einerseits sicherlich an gewissen Grundfesten eines micronationalen Gemeinwesens rührt, so halte ich das ausnahmsweise aus dem Grunde für tolerabel, als dass der Supreme Court ja - anders als Kongress und Bundesregierung - ohne eigenen Willen ist. Wie groß sein Einfluss auf die Geschicke der Vereinigten Staaten letztlich ist, hängt allein davon ab, welche Fragen die Politik ihm zur Beantwortung vorlegt.
Er mag in der Vergangenheit mitunter tief in die Strukturen der Vereinigten Staaten eingegriffen haben, aber das ja nicht aus eigenem Reformbestreben heraus, sondern weil er nach der Notwendigkeit dieser Eingriffe gefragt wurde!
Ich halte es für den falschen Ansatz zu sagen, der Einfluss des Supreme Court sei so groß, er dürfe darum nicht mit Neben-IDs besetzt werden. Besser ist es, den Supreme Court nicht als Waffe im politischen Disput einzusetzen. Hält man ein Gesetz für verfassungswidrig, kann man darauf hinweisen und einen Änderungsvorshlag präsentieren. Findet dieser keine Mehrheit, lässt sich vielleicht ein Kompromiss finden, wie man das strittige Gesetz so ändern kann, dass alle Bedenken ausgeräumt und Beteiligten zufrieden sind. Nur weil der Supreme Court Gesetze wegen Unvereinbarkeit mit der Verfassung für nichtig erklären kann, heißt das nicht, dass man ihm Gesetze im Zweifelsfall sofort zur Prüfung vorlegen muss.
Der Supreme Court sollte gar kein Teil der Tagespolitik sein, sondern nur eine Art "Reservegewalt". Idealerweise befasst sich nur selten einmal mit eher auf einzelne praktische Vorgänge oder Abläufe bezogenen Streitigkeiten zwischen zwei öffentlichen Organen oder einem Bürger und einem öffentlichen Organ, während die "großen", politischen Entscheidungen auch von und in der Politik getroffen werden.
Für ein Gericht mit diesem praktischen Betätigungsfeld würde es allerdings naturgemäß wiederum schwierig, ausreichend Haupt-IDs als Richter zu rekrutieren. Denn immerhin sollten die Richter am Supreme Court schon Persönlichkeiten sein, die nicht nur juristische Kenntnisse besitzen, sondern auch den Vereinigten Staaten verbunden sind, und nicht nur regelmäßig vorbeischauen ob ein Fall anhängig geworden ist und ansonsten nur einen vierwöchentlichen Aktivitätspost zum Erhalt ihrer Staatsbürgerschaft absenden.
Andererseits denke ich jedoch, dass der Supreme Court nicht allein mit einem Einzelrichter - für welche Funktion sich vielleicht noch eine entsprechend geeignete Haupt-ID fände - besetzt werden sollte. Z. B. sechs Augen, bei einem dreiköpfigen Spruchkörper, sehen mehr als zwei. Im Kongress kontrollieren sich zwei Kammern gegenseitig, sowie die Mitglieder jeder Kammer untereinander. Dem Kongress als Ganzem steht wiederum das Weiße Haus zwecks wechselseitiger Kontrolle gegenüber. Die Einbindung des Supreme Court in dieses System wechselseitiger Kontrolle muss begrenzt sein, damit weder Volkssouveränität durch Richtersouveränität ersetzt wird, noch die Politik Einfluss auf die Rechtssprechung gewinnt. Umso wichtiger ist eine interne Kontrolle und Balance des Supreme Court.
Nach alledem lässt sich im Ergebnis festhalten: idealerweise wäre der Supreme Court mit mehreren Haupt-IDs besetzt. Da dieses Ziel nicht erreichbar ist, stellt sich die Frage nach dem zweitbesten Weg: eine Haupt-ID oder ein Kollegium von Neben-IDs?
Ich ziehe aus genannten Gründen zweiteres Modell vor.
Soweit Bedenken gegen meine Ernennung bestehen, da ich keine Haupt-ID bin, kann ich nur daran erinnern: der Supreme Court ist nicht dazu da, Politik zu machen. Dazu hat der Präsident mich nicht vorgeschlagen, und dazu habe ich meine Nominierung nicht angenommen. Wie weitreichend der Supreme Court während meiner Amtszeit vielleicht in die Politik eingreifen wird, das liegt in den Händen der Politiker.
Mein Ziel als Richterin wäre es, wenn eine anderweitige Einigung der Beteiligten nicht erreichbar ist, den Rechtsfrieden und die Rechtssicherheit durch eine Entscheidung ihres Streits zu bewahren, und mehr nicht.
Ich denke, dieser Aufgabe wäre auch ein im Falle meiner Ernennung nun erst einmal mehrheitlich mit Neben-IDs besetzter Supreme Court gewachsen. Wem das Magenschmerzen bereitet, der sollte sich wie bereits dargelegt eher fragen, warum dem Supreme Court in der Vergangenheit so viel tatsächlicher Einfluss gegeben wurde, indem man politische Auseinandersetzungen vor ihm anstatt im Kongress und der Öffentlichkeit ausgetragen hat.