Your Honor,
erlauben Sie mir, direkt zur Sache vorzutragen und zu den Argumenten der Klageseite Stellung zu nehmen:
Ich stelle zunächst fest, dass der Kläger nicht bestreitet, Fetozid sei auch außerhalb Laurentianas eine Straftat. Diese Tatsache wurde
nie gerichtlich angefochten. Demnach ist es so, dass Gesetzgeber und Gesellschaft offenbar ein Interesse daran haben, Fetozid zu bestrafen.
Bleiben wir bei den Fakten: Fetozid ist das Verhindern von Leben, manche Kreise würden gar von Mord sprechen.
Eine Frage, wie man den Beginn des Lebens definiert. In diesem Zusammenhang kommt zum ersten Mal die durchgängige Argumentationsstruktur der Klageseite zum Tragen. Die Freiheit der betroffenen Frauen werde unzulässigerweise eingeschränkt. Nun ist es so, dass man kaum bestreiten würde, Freiheit sei ein elementares Recht unserer Verfassungsordnung. Auf ihr basiert unsere ganze Staats- und Gesellschaftsordnung. Davon unbenommen bleibt die Feststellung, dass Freiheit nicht unbegrenzt wirkt. Sie ist durch Gesetze und Vorschriften begrenzt, schon durch die Einsicht begründet, das Zusammenleben einer Gesellschaft könne andernfalls nicht funktionieren. Dasselbe gilt für unser Strafrecht. Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, was die Abtreibung eines Kindes bedeutet; Das Verhindern von Leben. Die Freiheit der Frau sei eingeschränkt. Und was ist mit dem Recht auf Leben? Ist Abtreibung nicht das Bestimmen eines Individuums über Leben und Tod? Über Leben und Tod eines Dritten wohlgemerkt. Ich finde keinen Passus in unseren Verfassungen oder unseren Gesetzen, das eine solche Bestimmung über Dritte legitimiert, vor allem dann, wenn man berücksichtigt, wie schwerwiegend ein solcher Eingriff ist. Aus unserer Sicht greift hier die Freiheit der betreffenden Frau nicht, wenn es darum geht, die Abtreibung unter Strafe zu stellen. Es ist vielmehr eine Entscheidung des Gesetzgebers und die Bundesstaaten sind dazu berechtigt, eigenes Strafrecht zu verabschieden. Es ist Sache des Bundesstaates zu entscheiden, wie er mit Fetozid umgeht. Stellt er ihn straffrei, stellt er eine Strafrechtsnorm auf, die Binnendifferenzierungen vornimmt oder setzt er den Gegenstand absolut.
Der Kläger führt aus, es hätten sich verschiedene Lebensstile etabliert und dies auch auf Beziehungen zwischen Menschen verschiedenen Geschlechts angeführt. Dem ist aus unserer Sicht vor alllem auf gesamtgesellschaftlicher Ebene zu widersprechen. Es mag Gegenden geben, in denen eine solche Lebensführung akzeptiert wird. Gerade mit Bezug auf Laurentiana ist diese Annahme aber nicht richtig. Homosexualität wird dort von der übergroßen Mehrheit weder akzeptiert noch geduldet. Diesem Umstand trägt der Penal Code Laurentianas Rechnung. Ich möchte auch an dieser Stelle noch einmal darauf verweisen, daß dieser mehrmals bestätigt wurde, also über entsprechenden Rückhalt auch in der Bevölkerung verfügt. Der Kläger führt weiter aus, daß der Laurentiana Penal Code damit gegen das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung verstoße, das sowohl in der laurentianischen Staatsverfassung als auch in der Verfassung der Vereinigten Staaten verbrieft sei. Dem können wir uns nicht anschließen. Es sei noch einmal daran erinnert, daß Freiheit und Selbstbestimmung zwar Rechte sind, die die Verfassung dem Einzelnen garantiert. Nichtsdestoweniger bleibt aber festzuhalten: Dieser Gewähr sind Grenzen gesetzt. Wir heißen es zum Beispiel mit Recht nicht gut, wenn Personen sich in der Öffentlichkeit entblößen oder dort sexuelle Handlungen aneinander vornehmen. Wir verbieten inzezuöse Verbindungen. Wir verbieten das Ausleben pädophiler, zoophiler oder sonstig abnormophiler Neigungen, die eine schädliche Wirkung besitzen. Dort setzen wir Freiheit und Selbstbestimmung klare Grenzen. Selbiges gilt abstrakter gesprochen für jede Norm, die dazu geeignet ist, in unser Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung einzugreifen. Dabei stellt die Homosexualität gerade keine gleichberechtigte Form von Sexualität dar, sondern ist eine historisch mit Recht als abnorm geächtete Form der Sexualität. Als solche können sich Betroffene gerade nicht auf den Gleichberechtigungsgrundsatz berufen. Wie gesagt: Wir kämen ja au
ch nicht auf die Idee, Pädophilie gleichberechtigt zu behandeln. Ferner weisen wir zurück, diese Entscheidung habe eine besondere religiöse Intention. Selbst, wenn diese Debatte so geführt wurde, kann eine Ablehnung von Homosexualität auch vollkommen ohne einen solchen Bezug begründet werden. Selbigen Beweis haben wir weiter oben angetreten. Abgesehen davon muß festgestellt werden, daß die übergroße Mehrheit der laurentianischen Bevölkerung dem Christentum zugehörig ist und tatsächlich regelmäßig in die Kirche geht. DIe übergroße Mehrheit der Bevölkerung leitet die Richtschnur für ihr Handeln folglich aus dem Christentum ab. Diese Tatsache gilt es zu berücksichtigen, denn diejenigen, die die Verfassung mit Wirklichkeit ausfüllen, sind die Bürger Laurentianas und die Verfassung des Staates Laurentiana ist aus christlichen Wurzeln geboren.
Der Kläger führt des Weiteren aus, daß Regelungen, die das Verächtlichmachen und Beleidigen von Staatsdienern oder Staatssymbolen gegen die Verfassung verstoße, da das Recht, seine Meinung frei zu äußern berührt sei. Eine auf den ersten Blick einleuchtende Argumentation. Auf den zweiten Blick ergiebt sich gleichwohl ein differenzierteres Bild. So kennt etwa der Federal Penal Code Regelungen zur üblen Nachrede. Auch die Rede wird in der Praxis also eingeschränkt. Die Rede als solche kann also nicht eingeschränkt werden, konkretes aber sehr wohl. Ein anderes Beispiel in diesem Kontext ist der Meineid. Dieser darf nicht geschworen werden, obwohl die Rede frei ist und das nach Darstellung des Klägers dergestalt, daß sie nicht eingeschränkt werden darf und das absolut. Nach dem, was in der Realität geschieht, kann es aber durchaus recht und billig sein, Einschränkungen vorzunehmen. Insbesondere dann, wenn es durch Verächtlichmachung darum geht.
Schlußendlich ist das Ziel, Genuss von Leben, Freiheit und Eigentum zu bewahren ein derart abstrakt gehaltenes Ziel, daß es dem Staate Laurentiana höchstens als Richtschnur dienen kann. Wollte man diesen Leitsatz ständig auf die Realität anwenden, käme man vom Hundersten schnell ins Tausendstel. Zumal wir bereits festgestellt haben, daß Rechte und Ziele nicht absolut verstanden werden können.
Your Honor,
aus Sicht des Beklagten muß eine Verfassungswidrigkeit des Laurentiana State Penal Code deshalb verneint werden. Weder die Verfassung der Vereinigten Staaten noch die Verfassung des Staates Laurentiana sind dazu geeignet, als Blaupause für liberalindividualisierte Partikularinteressen instrumentalisiert zu werden. Das ist weder im Sinne der Gründerväter unserer Bundesverfassung noch der des Staates Laurentiana.