Mr. President,
Sie scheinen, mit Verlaub, das albernosassonische und kontinentalanticäische Strafprozessrecht durcheinander zu werfen, wenn Sie äußern:
Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass sich ein Gericht die Ausübung des ihm im Rahmen des Gesetzes zugestandenen Ermessens durch eine exekutive Verordnung verbieten lässt.
Wie mein Pressesprecher zur Vermeidung eben dieses Missverständnisses bereits ganz richtig ausführte, werden Strafprozesse in Astor als Parteienstreit zwischen Anklage und Verteidigung ausgetragen. Das Ermessen des Gerichts bewegt sich allein zwischen den Anträgen der Parteien.
Es kann einen sich schuldig bekennenden Angeklagten ebenso wenig freisprechen, wie einen Angeklagten zu einer schwereren Strafe verurteilen als die Anklage es beantragt. In der Demokratischen Union z. B. etwa geht so was. Dort erheben die Strafgerichte ja auch von Amts wegen Beweis über den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt. In Astor hingegen entscheiden die Gerichte auf Grund der von den Parteien beigebrachten Beweise über die von diesen gestellten Anträge.
Ohne Antrag auf Todesstrafe kein Todesurteil, so einfach ist das.
Und zur grundsätzlichen Frage nach Sinn und Legitimation der Todesstrafe:
Es ist Sache des Gesetzgebers, Straftatbestände zu definieren und mit Strafen zu bedrohen. Und es ist Sache der Regierung, Straftaten aufzuklären und vor Gericht zur Anklage zu bringen. Sache der Gerichte ist es schließlich, darüber zu befinden, ob die von der Anklage beantragte Strafe verhängt wird. Das nennt man Gewaltenteilung.
Der Gesetzgeber mag, jedenfalls in Gestalt des USPC in seiner geltenden Fassung, der Ansicht sein, für bestimmte Verbrechen sei die Todesstrafe die angemessene Sanktion. Er gibt damit der Exekutive die Möglichkeit, vor Gericht die Verhängung dieser Strafe zu beantragen.
Zugleich belässt er aber der Exekutive auch die Möglichkeit, eben das nicht zu tun. Und Präsident Marani und ich sind übereingekommen, genau so zu verfahren - die Todesstrafe nicht zu beantragen.
Wenn dem Gesetzgeber das nicht gefällt, dann hat er grundsätzlich die Möglichkeit, bestimmte Straftatbestände bzw. Fallkonstellationen einzelner Straftatbestände zwingend mit der Todesstrafe zu bedrohen. Daran wäre die Exekutive dann gebunden.
Geltende Rechtslage ist jedoch, dass die Legislative der Exekutive hier einen eigenen Entscheidungsspielraum einräumt, den sie eben nutzt. Das nennt man wie gesagt Gewaltenteilung.
Dass Präsident Marani Gegner der Todesstrafe ist, war zum Zeitpunkt seiner (Wieder-)Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten bekannt. Ob es Ihnen nun behagt oder nicht, das astorische Volk hat einen ausgewiesenen Gegner der Todesstrafe zum Präsidenten gewählt. Der für den Fall seiner Wahl angekündigt hatte, eine ausgewiesene Gegnerin der Todesstrafe zu seiner Justizministerin zu ernennen.
Insofern besitzt die Verankerung der faklutativen Todesstrafe im USPC keine stärkere oder sonst bessere demokratische Legitimation als die Entscheidung der Regierung, von dieser Möglichkeit im Rahmen der ihr obliegenden Strafverfolgung keinen Gebrauch zu machen.