Honorable Members of the General Court,
wir können dem vorliegenden Verfassungszusatz zwar nur entweder in genau dieser Form zustimmen, oder ihn ablehnen, aber das muss uns ja nicht daran hindern, mal ein wenig zu philosophieren.
Einigkeit besteht, dass das Repräsentantenhaus - trotz von der einzigen Ausnahme, Ernennungen des Präsidenten zu bestätigen, abgesehehen gleicher Macht wie der Senat - ein Identitäts- und damit Attraktivitätsproblem hat.
Wie ließe sich dieses alternativ zu diesem Vorschlag lösen?
Das Repräsentantenhaus in die Bestätigung von Ernennungen des Präsidenten mit einbeziehen?
Darin sehe ich erstens nicht das Problem, denn niemand wird bloß deshalb Senator, um über die Personalvorschläge des Präsidenten abzustimmen. Davon zeugen schon die in der übergroßen Mehrzahl recht ereignis- und inhaltslosen Anhörungen der Nominierten, sowie die zumeist problemlosen Bestätigungen der Vorgeschlagenen. Wie gesagt, aus seiner letzten Kraftprobe mit einem Präsidenten - es war Präsident Cunningham, im Januar/Februar 2011 - ist der Senat in seiner moralischen Integrität schwer beschädigt hervorgegangen, konnte sein letztliches Ziel aber auch nicht erreichen. (Zwar ließ er sämtliche vorgeschlagenen Minister durchfallen, aber der Präsident ernannte diese dann eben zu "Beratern", was ihnen im wesentlichen Umfang die gleichen Kompetenzen wie jene eines Ministers gab.)
Und zweitens würde es dem eigentlichen Charakter des Repräsentantenhauses als dem "Volkshaus" innerhalb des Kongresses auch nicht gerecht. Die vom Präsidenten zu ernennenden Amtsträger sollen vom Senat wie gesagt nicht gewählt, sondern nur bestätigt werden. Sie sind Mitarbeiter und Untergebene des bereits durch Wahl durch die Bevölkerung demokratisch legitimierten Präsidenten, bei ihrer Auswahl soll lediglich ein begrenztes Mehr-Augen-Prinzip gelten, indem eine vom Präsidenten unabhängige Kontrollgruppe seine Vorschläge nochmals unter die Lupe nimmt. Dazu eignet sich der stabilere, bedächtigere Senat, indem eine ruhigere und kollegialere Atmosphäre herrschen soll als im die bundesweite politische Stimmung im Land wiederspiegelnden Repräsentantenhaus besser.
Die Legislaturperiode des Repräsentantenhauses verlängern?
Dadurch verlöre das Repräsentantenhaus noch mehr als bisher schon seinen Charakter als die aktuelle politische Stimmung in der bundesweiten Bevölkerung wiederspiegelndes "Volkshaus", es fänden wahrscheinlich jeden Monat irgendwelche Wahlen oder Nachwahlen statt, die Zusammensetzung des Repräsentantenhauses sagte gar nichts mehr über irgendwas aus, entsprechend fiele es seinen Mitgliedern noch schwerer, ein Verständnis für ihre einzigartige Rolle im politischen System des Bundes zu entwickeln und auszubilden.
Die Repräsentantenhausabgeordneten nach Wahlkreisen wählen, von denen jeder einem Bundesstaat entspricht?
Dann hat eben einen zweiten Senat, dessen Zusammensetzung wiederum nichts mit der aktuellen politischen Stimmung im Land zu tun hat. Also wozu?
Die Legislaturperiode des Senats verkürzen?
Das gefährdete wiederum die oben beschriebene, bewusst konzipierte Stellung des Senats als der ruhigeren, bedächtigeren und kollegialeren Kammer. Durch die gestaffelte Wahl der Senatoren wird zwar einerseits eine gewisse personelle Rotatation sichergestellt, aber andererseits erneuert sich der Senat - anders als das Repräsentantenhaus - bewusst niemals vollständig, sondern arbeiten einmal gewählte Senatoren stets über längere Zeit zusammen, während die Repräsentantenhausabgeordneten ihm Vergleich zu ihnen häufiger wechseln sollen. Auch das soll eben zum unterschiedlichen Charakter der beiden Kammern des Kongresses beitragen, einem volksnahen und agilen Repräsentantenhaus, und einem nachdenklicheren, abwägenden Senat.
Dem Senat Kompetenzen entziehen?
Solche Vorschläge gab es schon, etwa, dass Gesetzentwürfe nur noch von Repräsentantenhausabgeordneten in den Kongress sollten eingebracht werden können, oder dass der Senat nur ein aufschiebendes Veto gegenüber dem Repräsentantenhaus haben sollte. Aber das würde das nicht wahrscheinlich bloß zu einer Umkehrung der gegenwärtigen Situation führen, in welcher der Senat dann die unbeliebtere, unattraktivere Kammer des Kongresses wäre?
Was neben den jeweils erörterten Nachteilen und Problemen aber all diesen Ideen gemein ist: Sie zielen am Kern des Problems vor, der fehlenden Möglichkeit des Repräsentantenhauses, seine Rolle im politischen System der Vereinigten Staaten adäquat auszufüllen.
Der Kongress ist nicht aus Jux und Tollerei als Zweikammerparlament angelegt, dahinter steht eine vertiefte Überlegung: Eine Kammer soll unmittelbar das Volk vertreten, seine Zusammensetzung soll der tatsächlichen politischen Stimmung im Land entsprechen, seine Mitglieder sollen so nah wie nur möglich an ihren Wählern sein, sie sollen das unmittelbare Bindeglied zwischen Bevölkerung und Bundesgesetzgeber sein, sie sollen in dieser Druck machen, dass diejenigen Probleme, die die Menschen akut beschäftigen, auch stande pende aufs Tableau kommen, behandelt und möglichst gelöst werden.
Während die andere Kammer eher die langfristige Entwicklung des Landes im Auge haben, ihre Mitglieder dazu unabhängiger von momentanen Stimmungen und Ideen sein, die Dinge mit Besonnenheit und Weisheit betrachten und abwägen sollen.
Der Senat kann seine Rolle gut erfüllen, weil er nach der Wahl seiner Mitglieder und deren Amtszeit entsprechend dafür gerüstet ist.
Das Repräsentantenhaus hingegen scheitert daran, seine Rolle zu erfüllen, weil eine viermonatige Legislaturperiode - die zudem nur aus fast pausenlosem Stühlerücken besteht - dazu zu lang ist. Dreimal im Jahr wird ein komplett neues Repräsentantenhaus gewählt, was für ein aktuelles Stimmungsbarometer schon viel zu selten ist, und spätestens zur Hälfte seiner Legislaturperiode hat es sowieso nichts mehr mit jenem Repräsentantenhaus zu tun, das sich ursprünglich mal konstituiert hat.
Klar, wie soll so eine Kammer dem Senat adäquat entgegentreten, eine eigene Identität und ein eigenes Machtbewusstsein entwickeln?
Das ist das Problem, und nicht, dass die Senatoren ja über die Bestätigung der Minister abstimmen.
Eigentlich ist der vorliegende Verfassungszusatz weniger eine "Reform", als die er in der Debatte schon verschiedentlich bezeichnet wurde, sondern vielmehr eine Fehlerkorrektur in der Konstruktion der Verfassung. Die Idee des Repräsentantenhauses ist genial, sie funktioniert nur nicht, wenn es für eine zu lange Legislaturperiode gewählt wird.